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Die Frage stellt Peter Altmaier am 18.01.2014 auf Twitter.

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Und beantwortet sich die Frage gleich selbst: "Vielleicht, weil sie Kinder es Internets sind, die ihre Eltern nicht verstehen."

Ja, damit liefern Sie, Herr Altmaier, auch gleich die Antwort mit. Mir scheint, dass Sie die Piraten wie Kinder ansehen, die einfach nicht einsehen wollen, dass die Eltern mit ihrer Erfahrung doch nur Gutes für ihre Nachkommen wollen. Diese Haltung schlägt mir so oft entgegen und ins Gesicht. Die alteingesessene Politik will nur unser Bestes. Wir Piraten sollen einfach nicht die Weitsicht haben, um zu verstehen, dass alles nur in unserem Sinne passiert, und sich schon von alleine regelt?

Nun. Falsch. Zum einen sind die Piraten erwachsen geworden. Vielleicht kann man uns dies vorwerfen. Nicht einfach mit dem Fuß aufstampfen, laut herum brüllen. Wir versuchen, zu erklären, welche politischen Forderungen für das Internet einfach technischer Schwachsinn ist. Sie erinnern sich an die Zensursula-Stoppschilder? Wir appellieren an die Vernunft der Menschen, die diese Welt gestalten wollen. Uns Piraten ist leider nur zu sehr bewusst, dass wir als außerparlamentarische Opposition keine Vorschriften selbst ändern können. Wir haben durch eben dieses Internet Kontakte in viele Länder, und sehen, was dort Regierungen angerichtet haben. Welche teils schlimmen Auswirkungen die dortige Politik auf freie Kommunikation, freie Meinungsäußerung und freie Presse hatte.

Wir sehen, wie Weltkonzerne die Aufgaben von Regierungen und Justizbehörden übernehmen (und sich damit Zug um Zug jeglicher Einflußnahme entziehen). Wir sehen Politiker, die im alten Stil weiter machen. Die die Technik nie gelernt haben, und sich von windigen Beratern impfen lassen, an deren finanziellen Tropf sie längst verwachsen sind.

Wir Piraten benehmen uns nicht wie Kinder und wir haben unsere Vorgänger längst verstanden. Aber jetzt wird es Zeit, die gewohnten Bahnen zu verlassen. Und das macht wiederum so vielen Angst. Das Internet ist eben keine fremde, ferne Welt mehr, sondern eine Umgebung, ein Werkzeug und so gut mit den restlichen Aspekten unseres Lebensraums vernetzt, dass die Grenzen verschwimmen, wie einst die Schlagbäume in Europa abgebaut wurden.

Und so gleicht die eine große Idee just in diesem Moment wieder der anderen. Menschen schreien aus purer Angst und Verunsicherung nach neuen Grenzen; nach Schuldigen, die es mit maximaler Härte zu verfolgen gilt. Da frage ich mich: Wer sind jetzt hier die Kinder, die es zu beruhigen, zu belehren und an die Hand zu nehmen gilt? Kinder sind es, die aus Angst vor dem Monster unter dem Bett in der Nacht das Licht anlassen. Kindische Menschen sind es, die aus Angst vor dem bösen Ausländer die Tore schließen wollen. Die nach dem allmächtigen Staat rufen, der niemand, den sie nicht kennen oder zu kennen glauben hereinlassen soll. Kindische Menschen sind es, die die offenen Wege der Kommunikation beschneiden wollen, weil sie deren Limit nicht im Blick behalten können. Es sind nicht diejenigen, die es geschafft haben, im Geiste erwachsen zu werden.

Und hier ist eben nicht das laute Strohfeuer der Weg, weil genau DAS kindisch ist, und die Wirkung verpufft, so schnell sie da gewesen ist. Hier ist eine erwachsene und gebildete Beharrlichkeit von Nöten.

Und hier können Sie sich drauf verlassen, Herr Altmaier, wir sind nicht kindisch, wir sind nicht laut, aber wir Piraten sind da. Und gehen nicht einfach wieder weg, wie ein Kind, das man ins Bett schickt.

 

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Update 19.01.2014

PeteraltmaierUpdate20140119

PeteraltmaierupdateII 2014-01-19 11:09:33

 

 

Tja, das ist in diesem Land nicht so einfach. Ich bin mir im Moment nicht sicher, ob es den Begriff ''Stammtischgespräche'' auch in anderen Sprachen gibt. Aber das ist so typisch. In der Kneipe können sich die Menschen aufregen, abreagieren, ihre Meinung festigen, und dann am nächsten Morgen wieder brav zur Arbeit gehen und so weiter machen wie jeden Tag.

So läuft fast jede Empörungswelle auf Twitter, fast jeder Shitstorm auf einer Mailingliste der Piratenpartei, in jedem Forum. Und dann? Ja die Politik tut sowieso, was sie will. Deshalb sind auch bei der Bundestagswahl so viele Menschen einfach nicht hingengangen. Außer vielen Alten, die zur Wahl gingen, weil man das eben so tut. Weil man ja schon immer CDU oder SPD gewählt hat. Weil die ja wissen, was sie tun.

Eine Mischung aus Vertrauen, dass die da oben das schon machen, Obrigkeitenhörigkeit und Null-Interesse, was tatsächlich dort gemacht wird.

Dann gibt es für den normalen Menschen hier so gut wie keine Erfahrungswerte, was Öffentlichkeitswirksamkeit angeht. Wer hat denn bitte schon mal eine Rede gehalten. Wenige bloggen. Ein paar schreiben den ein oder anderen Post bei Facebook. Aber dann mehr Catcontent oder das ein oder andere witzige Foto geteilt.

Wer kann seine eigene öffentliche Reichweite einschätzen oder gar richtig einsetzen? Aus übungstechnischen Gründen fehlt einfach der weiterführende Gedanke: wie kommen meine Aktionen nach Außen an? Was bewirken sie dort?

Selbst bei den aktuellen Protesten in Hamburg um die Rote Flora und das Esso-Gebäude habe ich eines vermisst: Information und Öffentlichkeitsarbeit. Dort gingen die Menschen schon einen Schritt weiter: Auf die Straße. Und das in einer Form, die wir alle gern anders gesehen hätten. Ich möchte mich darüber nicht allzu lang auslassen, auch weil ich die Ereignisse nur aus 2. Hand verfolgt habe. Deshalb hier ein Link zu Heise

hier noch ein Blog, der sich berechtigter Weise zum erwartungsgemäßen Verlauf auskotzt

und eine Zusammenfassung (noch ein Blog)

Alles in Allem haben sich auch hier die Proteste und die - anfangs noch zielgerichtete - Empörung verselbständigt und sind zum Selbstzweck gelaufen. All das, wofür man die Piraten lange angeprangert hat, was aber immer und immer wieder zum Symptom unserer gesamten Gesellschaft wird. Selbstdarsteller, wie Polizei, Politik, gewalttätige Demonstranten (ja ich habe gewalttätige geschrieben, weil für mich das zählt was getan wurde, von Wenigen, nicht das was jeder potentiell hätte tun können), haben die Bühne übernommen, und herausgekommen ist: ein Bericht über inakzeptables Verhalten von Polizei und einigen Demonstranten. Prima. Nicht.

Nun bin ich seit einiger Zeit bei den Piraten, habe gelernt, mich bei politischen Themen über mehrere Quellen über die Hintergründe zu informieren und gezielt zu suchen. Das habe ich nicht immer getan. Ich finde auch nicht immer die richtigen Quellen. Die mit den verständlichen Informationen.

Ich hätte gerne mal von den Beteiligten außer den üblichen Aufregern "die Polizei ist doof" "die Linksradikalen!!1!11" "Die Presse ist doof" mir als Ruhrpottmensch ein paar mehr Informationen gewünscht. Ich habe mich mit Hamburger Geschichte, auch der mit der jüngsten Zeit nur oberflächlich auseinandergesetzt. Meine Informationsquellen waren definitiv einseitig, sehr dürftig, und ich hatte gern mehr Hintergründe gehört. Mehr Berichte, von den Betroffenen selbst. Warum seid ihr so wütend? Warum sind die Argumente der Gegner invalide? Warum finde ich zwischen den ganzen Tweets, den ganzen Blogs so wenig Information dazu?

So geht es in eine Reihe mit so vielen politischen Themen, bei denen es wichtig wäre, auch den Rest der Öffentlichkeit auf die richtige Seite zu ziehen; Druck auf die Politik auszuüben. Selbst die eigene Filterbubble weiter zu informieren. Aber hier failt der Prozess. Hier ist die eigene Betroffenheit wieder im Vordergrund. Und ändern tut sich nichts. Schade.

Nachtrag - eine Analyse von NTV zu Hamburg