Mitte Januar. Die Tage werden jetzt merklich heller, und ich bin in den letzten paar Monaten so häufig über meinen eigenen Schatten gesprungen, dass ich manchmal nicht genau weiß, auf welcher Seite ich stehe.
Was mir aber bewiesen hat: es tut gut, sich für etwas anzustrengen. Auch wenn das Risiko besteht, dabei mächtig auf die Nase zu fallen.
Das war so ein doch nicht so dummer Spruch, auf dem irgendwann meine Augen und dann meine Aufmerksamkeit hängen blieb :"Es kommt nicht darauf an, möglichst lange zu Leben, sondern darauf, sich dazwischen nicht tot zu fühlen."
Ich finde Vieles in der heutigen Zeit beängstigend und bedrückend. Wenn ich daran zurückdenke, wie unbekümmert wir in den 80ern in eine Plastikwelt starteten. Mit schlechten Frisuren, zu viel MakeUp und Schulterpolstern. Den Rest möchte ich eurem Kopfkino ersparen. Echt jetzt. Musik wurde durch Videos ergänzt. Es gab ständig neue Dinge. Ich kaufte einen Sony Walkman. Ein Miniradio. Ich hatte meinen ersten Computer. Die Möglichkeiten schienen unendlich und waren es auch.
Irgendwann kippte die Stimmung. Ich weiß nicht, wann genau das passierte. Wohl irgendwann zwischen Wirtschaftskrise und arabischem Frühling.
Irgendwann waren die Coolen nicht mehr die, die optimistisch in die Zukunft blickten und bis zur Unendlichkeit und nochviel weiter gehen wollten. Da blickte meine Umwelt auf die Warner und Mahner. Und bald auch zu ihnen auf. Wir müssen, sagten sie. Sonst würde unser Leben noch schlimmer werden, sagten sie. Wir müssen uns schützen. Unser Geld, unseren Reichtum, unsere Daten, unser Internet. Und unsere Achseln davor, unangenehme Gerüche auszusenden, sowie Frauen davor, sich was anderes als trocken zu fühlen.
Grauenvolle Dinge würden sonst passieren, sagten sie. Was genau damit gemeint war, wagte sich niemand vorzustellen. Und die Menschen hörten auf, sich Dinge vorzustellen, und fingen an, sich zu schützen. Natürlich tat dies jeder auf seine Weise. Und so verschwanden die unglaublichen Ideen, die verrückten Luftschlösser aller Menschen langsam in diesem wir müssen. Wir müssen konsumieren, weil sonst unsere Wirtschaft schwächelt. Was wir konsumieren müssen, sagte uns niemand. Jeder machte so seine Vorschläge, und außer der Werbung malte uns niemand mehr diese Vorschläge bunt. Aber Werbung ist kurzlebig wie ein Strohfeuer.
Zu dem wir müssen kam das aber wir können doch nicht. Was unwahrscheinlich erscheint, das können wir doch nicht einfach, oder? Und was, wenn doch?
Wenn das Kurzlebige die Illusion ist? Was wenn Dinge doch möglich sind, die wir uns heute noch nicht vorstellen können? Wenn es all die Anstrengung lohnt? Was wenn Lernen - also so richtiges, langwieriges immer wieder sich selbst und sein Wissen zu erproben; mit Menschen umzugehen, die einem das Leben nicht bequem, sondern spannend machen, und die mich zwingen, auf ihre Welt einzugehen; auch mal zu versagen und neu anzusetzen - wenn dieses Lernen die Dinge ermöglicht, von denen ich mal geträumt habe? Oder einfach meine Träume verändert, und sie schöner werden lässt. Wenn Menschen wieder zusammen träumen und Leben können, und entdecken, dass plötzlich ganz andere Sachen wichtig sind.
Ich möchte wieder Welten erschaffen, Ideen entwickeln oder einfach Blumen pflanzen, weil sie gut sind. Nicht weil ich es muss. Dann könnte ich mir einfach einen Kaktus auf den Balkon stellen. Reicht doch.
Ich habe mich so oft gefragt, warum ich manches gerade tue. Nun, die Antwort ist einfach. Weil ich es kann. Weil ich die Freiheit habe, es zu tun,und die Wahl zu haben. Weil es so viele Möglichkeiten eröffnet, und andere wieder kreativ und konstruktiv werden lässt, wie mich selbst.
Bis zur Unendlichkeit und noch viel weiter.