Monthly Archives: August 2016

Der Eine, der alles besser macht. Wir brauchen doch nur einen Politiker, der den Durchblick hat. Einen, der endlich etwas sagt. Einen, der mal auf den Tisch haut, und die Politik wieder auf Kurs bringt. 

Wirklich? Kann es den geben? Darf es den geben?

Wir leben seit wenigen Jahrhunderten in einer spannenden Zeit, in der - gerade in den letzten Jahrzehnten - so viel automatisiert werden konnte, dass wir uns an den Gedanken gewöhnt haben. 

Alles nicht mehr selbst machen müssen. Das ist purer Luxus. Und angesichts der politischen Weltlage eine Illusion. Die Welt ist kompliziert geworden. Immer mehr prekär beschäftigte müssen sich mehr als den Großteil des Tages damit beschäftigen, ihre Existenz und vielleicht noch, falls möglich, ein paar bescheidene Extras zu sichern. Keinen Luxus. Extras über das pure Überleben hinaus. Extras, die ein kleines Maß an Selbstachtung erhalten.

Dabei wäre es wieder essentiell, dass sich Jeder mal wenigstens ein bisschen mit Politik beschäftigt. Dabei ist das Ganze Feld ein kompliziertes, da es sich einerseits auf sozialer Interaktion begründet. Andererseits auf Verhalten von Massen, und auf Interessen von Minderheiten, und auf vorhandene Ressourcen (menschlicher und materieller Art), und auf Interessen anderer Staaten und auf die Definition, was ein Staat überhaupt ist, was Bürger sind, und was wer überhaupt darf und dürfen können soll, damit das ganze System nicht aus den Fugen gerät und einer mal die Idee hat, dass er sich das Leben einfacher machen kann, wenn er einfach nur stärker ist, und allen anderen auf den Kopf haut.

Um diesen Einen zu finden, müssen wir also erkennen können, wer es ist. Wählen wir jemanden, der zu der Erkenntnis gelangt ist, dass er fortan versucht, der Stärkste zu sein, der einfach nur allen anderen erfolgreich auf den Kopf hauen muss, ist es eine Frage der Zeit, bis unser Kopf an der Reihe ist. 

Wir könnten es dann wieder mit Politik versuchen. Mit Angeboten und Verhanldungen (Hinweis: dazu bräuchten wir Verhandlungsmasse bzw. Erpressungsmaterial) diesen Einen besänftigen, so dass er so lang damit beschäftigt ist, andere zu hauen, solang noch andere da sind, funktioniert nur begrenzt. Diese Politik, die wir versuchten zu vermeiden, als wir dem Einen unbegrenzte Macht gaben.

Dass es zumindest ein Bisschen funktioniert (zumindest für Wenige, und das nur für kurze Zeit), erkennt man daran, dass es immer wieder Rechtspopulisten gibt, die Hitler toll fanden, oder Menschen in Nordkorea, die immer noch Kim Jong Un unsterstützen. Letztere befindens ich schon in der Falle, dass sie damit schon seit der 2. Herrschergeneration gar nicht mehr aufhören können. 

Also doch nach Vernünftigen Menschen suchen, die das Leben für uns regeln. Wobei hier einen neue Grenze auftaucht. Was ist Vernunft? Ist die Vernunft alles, was meine Interessen verteidigt? Was ist mein Interesse? Ist, was ich will, wirklich dauerhaft gut für mich?

So bleibt uns nichts, wenn wir ein Maß an Demokratie und freiem Leben erhalten wollen, immer weiter zu lernen. Menschen zu bewerten. Zu akzeptieren, dass sich Menschen ändern können (auch zu ihrem Nachteil). Dass Menschen auf Teilgebieten coole Ideen haben mögen, aber eventuell mies darin sind, andere Dinge zu lösen. Dass diese dann auch nicht dazu bereit sind, einzusehen, was genau sie nicht können. Es ist ein Kampf. Einer der idealerweise ohne Waffen gefochten wird. 

Es gibt sogar die Möglichkeit, an dieser stilisierten Kriegsführung, genannt Politik (die wie die Sprache oder die Höflichkeit uns einfach davon abhalten soll, bei dem gleichzeitigen Versuch, unsere Interessen gegen die Anderer durchzusetzen), ein wenig Spaß zu haben. Spaß, wie an Sport, mit dem wir Geschicklichkeit und körperliche Fähigkeiten verbessern, so auch bei der gedanklichen Leistung, unser Leben zu verbessern, ohne dem ganzen Rest erstmal den Kopf abzuschlagen. 

Es kann eine geistige Anregung sein, sich Lösungen für auf den ersten Blick unmögliches auszudenken, dafür Gleichgesinnte zu finden, und die Lösungen auszutesten. Es mag auch einfach essentiell sein. 

Es bleibt kompliziert, bleiben Sie dran.

Big Brother

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Ich hab vergessen, wo ich aufgehört habe, zu lesen, und öffne die Twitter-App.

Und wieder geht die Diskussion fast in eine hysterische Richtung. Das Burkaverbot ist in aller Munde. Und dabei wissen die meisten nicht mal genau, was eine Burka genau ist.

Populisten bedienen die Angst. Die Angst, nicht jedem... Sorry, nicht jeder ins Gesicht sehen zu können. Die Angst vor der Unterdrückung der Frau, es sei denn es sind die eigenen. Die Angst vor der Überfremdung. Die Angst vor... Ja ist ja eigentlich auch schon egal.

Eine Frau sagte in dieser Woche in einem Radiointerview: wo bleiben unsere Werte, wenn eine Frau ihre Kurven nicht mehr zur Schau stellen darf.

Ah ja. Unsere Frauen. Wessen jetzt genau? Geht es darum, dass Besitzansprüche festgelegt werden sollen, oder um wirkliche Freiheit von Frauen in unserer Gesellschaft? Was ist mit den Frauen, die sich ihrer Figur schämen (ob dies auch nur ein gesellschaftliches Phänomen ist, dass ihre freie Entfaltung einschränkt, sei dahingestellt). Und zur Schau stellen? Sagt auch wieder viel mehr, als wohl beabsichtigt war.

Dabei bin ich gar kein Freund der Verschleierung. Weder Kopftuch noch Vollverschleierung mit uniformartigem, bodenlangen Mantel und Gesichtsschleier. Weder bei Muslimas noch bei Nonnen.

Was mich stört, ist die Art, in der die Debatte geführt wird. Wenn es hochkommt werden Muslime mit stark religiöser Prägung befragt. Und dass nicht jede Muslima zur Verschleierung von ihrem Ehemann gezwungen wird, scheint in manchen Köpfen eine solche Unvorstellbarkeit zu sein, dass sie gar nicht ausgesprochen werden darf. Dass andererseits Religionen die Religion, und nicht den Menschen in den Vordergrund stellen kann, ist ein Aspekt, der so gut wie nie in den Diskussionen auftritt.

Und die Rede, dass ein Verschleierungs- ehm sorry Burkaverbot (alle, die davon betroffen sind, sollen natürlich automatisch verstehen, dass sonstige Arten von Verschleirung damit je nach Gusto des Betrachters automatisch mitbetroffen sind; und Kopftücher damit zumindest als verwerflich gebrandmarkt werden) dem Schutz vor Terror dient, impliziert einfach nur, dass der Anblick von manchen schon an sich als Terror empfunden wird.

Die Argumente, die mir in den Social Media Kanälen begegneten waren dann "im Stadtvierte XY habe ich schon Frauen mit Burka gesehen." Als ob mich diese Aussage allein schon schockieren soll. Als ob es gesellschaftlicher Konsens wäre, das ganz schlimm zu finden.

Ich wünsche mir, dass die Diskussion geführt wird, aber gelassen, ohne hysterische Überreaktion. Ohne Gesetze, die dann im nächsten minus 20 Grad Celsius Winter den Schal vor dem Mund gleich mit verbieten, oder den Integralhelm beim Motoradfahren. In Diskussion mit den Frauen, die sich aus welchen Gründen auch immer derartigen religiösen Vorschriften hingeben.

Ist das zu viel verlangt?

 

http://www.zeit.de/politik/ausland/2016-08/verschleierung-islam-aegypten-niqab-naher-osten-schleier-scharia

https://www.washingtonpost.com/news/worldviews/wp/2016/08/19/germanys-potential-burqa-ban-has-a-problem-where-are-the-burqas/