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wie bitte?

Nun, ich lebe in einer ziemlich weit gekommenen Zivilisation. In den letzten Jahrhunderten wurden so viele Erfindungen gemacht, die uns das Leben in einem relativen Wohlstand ermöglichen, wie nie zuvor. Und eine dieser Erfindungen war das Plastik.

Plastik oder Kunststoff im Allgemeinen hat die Schaffung so vieler neuer Produkte und Anwendungen erst ermöglicht. 

Viele Lebensmittel können in Plastikverpackungen besser gelagert und verteilt werden, so dass uns in den Supermärkten eine große Auswahl an lange haltbaren Produkten zur Verfügung steht, weil diese in kostengünstigen Plastikverpackungen eingeschweißt sind. 

Plastik ist heute so omnipräsent, dass die Wissenschaft sogar davon ausgeht, dass wir in einem Zeitalter des Plastik leben, weil es das ist, was von uns übrig bleibt. Archäologen der Zukunft werden von uns nach einigen Jahrtausenden kaum noch etwas finden, weil Erosion, Zerfall und andere Naturgewalten fast alles, was wir erschaffen haben, in seine Grundbestandteile zermahlen wird, und alles was dann noch nachweisbar sein wird Tonnen von Mikroplastik in den Sedimenten und Erdschichten sein.

Moment mal, das ist doch ein bisschen gruselig. 

Stimmt. Nachlesen kann man das übrigens hier bei der Süddeutschen Zeitung http://www.sueddeutsche.de/wissen/das-zeitalter-der-kunststoffe-der-plastik-planet-1.1097177, hier bei der Frankfurter Allgemeinen Zeitung http://www.faz.net/aktuell/technik-motor/umwelt-technik/100-jahre-plastik-das-zeitalter-der-ersehnten-kuenstlichkeit-1462859.html, in einer sehr guten Übersicht auf http://www.plastic-planet.at, und hier in der Thüringer Landeszeitung für junge Leser aufbereitet http://www.tlz.de/kinder/detail/-/specific/Frueher-lebten-Menschen-in-der-Steinzeit-heute-in-der-Plastikzeit-694860133.

Irgendwie habe ich dabei das Gefühl, dass die Menschheit nie ein Händchen dafür hatte, zu erkennen, wann der Nutzen einer neuen Idee oder Erfindung erreicht ist, und wann es Zeit ist, aufzuhören. Menschen neigen dazu, sich einer einmal akzeptierten Lebensweise so weit unterzuordnen, dass die sich in den Schaden verkehrt. 

Der gute Käse aus dem Supermarkt ist nicht einfach nur in Plastik eingeschweißt. Nein, er ist in einer optisch ansprechenden Plastik-Servierschale mit wiederverschließbarem Plastikdeckel. Natürlich in einer dementsprechenden Materialstärke. Günstige Elektronikprodukte wie USB-Sticks, Ladekabel oder Ladegeräte gibt es im Elektromarkt nur in Blisterverpackung. Zum Diebstahlschutz. Wer so ein Ding mal versucht hat, verletzungsfrei aufzumachen, weiß, was ich meine. Dass die USB-Sticks und Ladekabel und Ladegeräte wiederum aus Plastik sind, versteht sich selbst. Und über das Wort geplante Obsoleszenz regt sich heute auch niemand mehr auf. Was zum Henker ist das? Wikipedia beschreibt es hier https://de.wikipedia.org/wiki/Geplante_Obsoleszenz. Die Krönung erlebte ich, als ich mal einige Produkte in Blisterverpackung kaufte (dringend benötigt, der einzige Markt, der noch aufhatte, und ich mir im Baumarkt nebenan eine kleine Kneifzange mit Plastikgriffen zum Öffnen besorgte (mit Plastikkabelbindern auf einer Plastikkarte befestigt, wofür ich dann einen Schraubendreher benutzte, das Ding überhaupbt abzubekommen. Es war zum Weinen.

Nun wären wir ohne Plastik ziemlich aufgeschmissen, wenn wir Stecker, Kabel, Computer, Tastaturen, Steckdosen undsoweiter in einer funktionablen, sicheren und halbwegs bezahlbaren Variante nutzen wollten. Gummi ist nicht in so großen Mengen verfügbar, und hat auch mit modernen Zusatzsstoffen nicht die Bandbreite an Möglichkeiten. 

Aber muss es denn so viel sein?

Nein, wirklich nicht. Vor allem nicht, ohne nachzudenken, wozu es denn gut ist. Die Kunststoffschürze an meinem Auto akzeptiere ich, weil ich weiß, dass es nachgiebig genug ist, um kleine Rempler zu vertragen. Dass es eine gute Aufgabe erledigen wird, mich bei einem Crash zu schützen. Auch hier entwickelt die Industrie erstaunlicherweise neue Produkte, die zumindest den Plastikeinsatz reduzieren. Zum Beispiel wird an einigen Stellen mit Holz-/Bambusfasern im Plastik experimentiert, was dem Material eine glasfaseraartige Stärke gibt, den Kunststoffeinsatz derbe reduziert und durch nachwachsende Stoffe ersetzt. Ganz einfach zu entsorgen ist das immer noch nicht, aber das ist dann eine Sache der Forschung, das Ganze weiter zu verbessern, und eine Sache der Politik, die Hersteller zu sinnvoller Entwicklung anzuhalten. 

Aber verdammt noch mal, diese Müllberge müssen doch wirklich nicht sein. Mikroplastik in Kosmetik um unsere alten, toten Hautzellen abzuschubbeln? Das Fleisch in der Frischetheke in Plastikfolie eingeschlagen, damit es nicht in Kontakt mit der darum gewickelten Tüte kommt, die bedenkliche Inhaltsstoffe abgeben könnte, in noch eine Plastiktüte eingewickelt, auf die das Etikett für die Kasse kommt. Der Nachtisch im Plastiktöpfchen, in der Mehrfachpackung mit der Plastikfolie. Der plastikbeschichtete Pappbecher beim Bäcker für den Kaffee zwischendurch. Aus Frust kaufe ich mir an der Kasse noch einen Lollie - mit Plastikstiel, während ich alles in meine Einmal-Plastiktüte stopfe, und daheim die Produkte auspacke, und die Verpackung in eine Plastik-Mülltüte stopfe, die ich kaum noch in die Werstofftonne unterbringe, weil da schon so viel in der Woche weggeworfenes Plastik drin liegt. Und mittlerweile weiß ich, dass der Nordseefisch auch nicht mehr so gesund ist, weil sich da Mikroplastik im Fleisch abgelasgert hat. Wäh. 

Wieder finde ich hier meine Lieblingsfrage sinnvoll: "Wozu ist es gut". 

Zum einen haben sich einige Mythen über Plastik mittlerweile wieder erledigt. Dass Plastikschneidebrettchen oder Plastikrührlöffel oder Pfannenwender besonders hygienisch sind, hat sich mittlerweile als Mythos entlavt. 

Diesen Link dazu habe ich aus der Facebook-Gruppe "Plastikfrei leben" https://experimentselbstversorgung.net/ist-holz-hygienischer-als-plastik/ . Plastik sieht zwar für uns glatt aus, auf mikroskopischer Ebene ist das aber gar nicht der Fall. Da können sich Bakterien gut halten, und da Feuchtigkeit auch nicht in Plastik einzieht, leben die Bakterienstämme, die Wasser zum Überleben brauchen dort sehr lange. Holz setzt immer wieder Gerbstoffe frei, und ist evolutionstechnisch auch eher bakterienfeindlich (welcher Baum will schon von Bakterien besiedelt werden). Wenn ich also ein Brettchen aus Holz immer gut trocknen lasse, und nach Gebrauch abwasche, leben ich damit also sauberere, als mit dem Plastikbrettchen, das darüber hinaus mit wachsendem Alter und Messereinsatz kleine Schipselchen ins Essen abgibt. 

Und von den ganzen Substanzen wie Weichmacher, Lösungsmittel etc. die nach uns nach in unser Essen abgegeben werden, will ich hier gar nicht reden. Wieder: ein bisschen davon wird uns nicht umbringen. Aber muss es denn so viel sein?

Für den Coffee-to-go habe ich mittlerweile mehrere wiederverwendbare Kaffeebecher. Meine neueste Errungenschaft ist ein Glasbecher mit Korkgriff https://eu.keepcup.com/?country=Germany# - die Variante aus - ja, Plastik - war mein erster, den ich im Flughafen Reykjavik von meinem letzten Isländischen Kleingeld kaufte. Den Kaffe dazu gab es im Pappbecher "dürfen wir nicht anders verkaufen". Puh, da bin ich froh, dass die Tankstellen und Bäckereien im Umkreis das anders sehen. Im sauber gespülten Becher ist das kein Problem. Und einen dritten aus Bambus-Plastik http://bamboo-cup.com/de/home/2-bamboo-cup.html. Diese 3 an strategischen Orten verteilt, haben meinen Pappbechermüllberg auf ein absolutes Minimum reduziert. 

Mikroplastik in Kosmetika war nur "gut" solange es billig war - gut für die Industrie, nicht so wirklich für den Menschen, und kann problemlos durch natürliche Zusätze ersetzt werden, wie Pflanzenbestandteile, Meersalz, sogar Zucker. 

Mittlerweile ist die Industrie so weit, dass sie Plastik aus nachwachsenden Rohstoffen herstellen kann. Ob diese Produkte jeweils so gut und umweltverträglich sind, gehört einzeln auf den Prüfstand. Aber verdient durchaus der Aufmerksamkeit.

Wobei es einen Riesenunterschied zwischen Bioplastik und Plastik, das biologisch abbaubar ist, gibt. Hier gut beschrieben bei Deutschlandradio Kultur: 

http://www.deutschlandradiokultur.de/plastik-aus-nachwachsenden-rohstoffen.993.de.html?dram:article_id=154608
Ich finde jedenfalls Plastik, was wirklich lang benutzt werden kann, wesentlich sinnvoller, als dieses ganze Zeug, was direkt auf dem Müll landet. 

Und finde wieder Spaß an der Erfahrung, Produkte mit langer Lebensdauer zu kaufen. Porzellan. Das gute, das auch die Wärme lang hält. Da schmeckt der Tee doch gleich um Welten besser. Ich integriere Pfandglas in meinen Alltag, und fahre das Verbrauchsglas mit dem Fahrrad zum Container. Vieles ist eine Frage der Gewohnheit. 

Die Holzkochlöffel und Pfannenwender, die man auch mal großer Hitze aussetzen kann, sind älter, als es ein Kunststoffteil je bei mir geschafft hätte. Das Bambusschneidebrettchen, das ich zwar immer direkt reinigen muss, und ab und an mit einer Portion Leinöl abreibe, damit es länger hält, überlebte jedes Plastikbrett. 

Die Erfahrung, dass Teflonpfannen irgendwann abgenutzt sind, musste ich auch erst machen. Und dass das besonders gessund ist, kann mir keiner sagen http://www.papageien.org/STS/po/Teflon.htm und hier https://pfannenhelden.de/teflonpfannen-voegel/ gibt es mehr Informationen dazu. 

Da es mitunter sinnvoll ist, beschichtete Pfannen zu benutzen, gebrauche ich jetzt in erster Linie emaillierte Produkte, die von der Empfindlichkeit sogar ein wenig besser sind, als Teflonpfannen. (Pilzpfannen sollten zum Beispiel nicht in der Eisenpfanne zubereitet, und schon gar nicht wieder aufgewärmt werden, da mitunter Pilzeiweiß, das sich zersetzt, durch das Eisen als Katalysator zu etwas noch Unangenehmeren wird. Daher rühren auch einige "Pilzvergiftungen" eigentlich genießbarer Pilze. 

Wie gesagt. Es gibt Alternativen. Und manches wäre ohne Plastik auch nicht denkbar oder viel zu teuer. Nur leben wir alle besser, wenn wir uns fragen, wann ein Stoff überhaupt noch gut ist. Es gibt Vorreiter (manche nennen sie Extremisten), die vorleben, dass es auch anders geht. Ich bin noch nicht so weit, so weit zu gehen, vollkommen auf Kunststoff zu verzicchten, aber diese Menschen sind die Vorreiter, die mit ihrer Kreativität Alternativen aufzeigen. Und uns die Möglichkeiten zu geben, den Gedanken "weniger ist mehr" auszuleben. Ohne unseren täglichen Luxus völlig aufzugeben.