Tag Archives: Wahlen

Wählen scheint mir heutzutage ein wenig wie Opportunismus, den auch so manche Menschen in ihrem Leben, in ihrem Job probieren. Immer die Meinung derer annehmen, die auch hinterher das Sagen haben.

So funktioniert Politik aber nicht. Hier *trommelwirbel* haben wir tatsächlich die Wahl. Hier sind die Menschen in den Parlamenten quasi unsere Beauftragten (mit freiem Willen und der Entscheidung nach Gewissen). Aber das heißt, dass wir die Anforderungen stellen.

Die @atarifrosch schreibt es in ihrem Blog sehr treffend: https://blog.atari-frosch.de/2017/05/06/waehle-was-du-wirklich-willst/

So fahr, schönen Tag noch (ich geh jetzt wieder in nachfolgender Umgebung radeln).

 

Im Moment sind gerade die Niederlande der Buhmann Europas, weil sie ein wenig zu deutlich Nein gesagt haben.

Die deutsche Bundesregierung rudert leise herum, und überlässt die Entscheidung den Kommunen - um sich wieder einmal dezent heraus zu halten.

Aber wie gehen wir mit diesem Provokateur um, der die Alleinherrschaft (=Diktatur) in seinem türkischen Staat anstrebt?

Zum Einen: Meinungsfreiheit ist ein Bürgerrecht. Kein Recht von Staaten. Ausländische Staatsbedienstete oder gar Staatsoberhäupter im eigenen Land Werbung für eine Diktatur, gegen die Demokratie machen zu lassen, halte ich für arg bedenklich.

Dass die türkische Regierung hier, auf die Stimmen der wahlberechtigten Ausländer angewiesen, alle Mittel ausreizt, ist verständlich. Verständnis bedingt allerdings noch keine Zustimmung.

Jemand, der die Provokation sucht, hat bereits den ersten Schritt in die falsche Richtung getan. Hier denke ich an den Spruch: ein Idiot zieht dich auf sein Niveau herunter, und schlägt dich dort mit Erfahrung. Nichts  anderes stellt die Auslandswerbetour für das türkische Präsidialsystem dar.

Dass die Niederlande am Wochenende recht heftig reagierten, liegt natürlich auch an den bevorstehenden Wahlen am nächsten Mittwoch. Aber das leise Herauswinden wie es zum Beispiel Hamburg geschafft hat, wäre auch auf Dauer eskaliert.

Das ist wie bei dem Gast an der Bar, der vollkommen ignoriert, dass schon vor einer Stunde das Licht abgedunkelt wurde, und die Rausschmeißermusik spielt. Irgendwann bleibt nur noch das unsanfte vor die Tür setzen. Und dann ist es nicht der Wirt, der böse ist. Sondern nur derjenige, der gerade die Aggression auf sich zieht.

Und genau das ist der Punkt, den wir alle von der Art von Machtmenschen und Populisten auseinanderhalten müssen, um unsere demokratischen Systeme zu erhalten oder sogar zu verbessern.

Wir dürfen nicht aus dem Auge verlieren, wo uns Verhandlungen, Verträge und Streitigkeiten hinbringen sollen. Die Türkei will eigentlich gar nicht mehr in die Europäische Union aber nutzt das trotzdem als Druckmittel? Das ist dumm. Noch dümmer ist, sich auf dieses falsche Spiel einzulassen, und so zu tun, als wäre es für die EU das Wichtigste, die Türkei als Beitrittskandidaten nicht zu verlieren.

Natürlich ist es wichtig, diplomatisch zu bleiben, und die Tür nicht für die nächsten 100 Jahre zuzuschlagen. Aber was macht man mit einem Gegenüber, das sich nicht an die Spielregeln hält. Das Unberechenbar immer größere Forderungen aufstellt, damit die Flüchtlinge nicht nach Europa kommen? Alternativ: Wir schaffen das? Nun, ohne die Türkei nicht ohne ein blaues Auge (für die Unerfahrenen: ein blaues Auge ist schmerzhaft und man erlangt es selten gewaltfrei, endet aber in der Regel nicht tödlich oder durch Absaufen - jaja die Flut).

Was wir jetzt auf keinen Fall tun dürfen ist, aufgrund kleiner Uneinigkeiten das Konstrukt Europa wegzuwerfen. Wir sollten die Konflikte jetzt nutzten, die Regeln für das Zusammenleben zu verbessern. Und auch mal dem ein oder anderen Mitglied ein paar Eigenheiten zugestehen. Eine Region kann durchaus mal eigene Interessen haben; anders als zum Beispiel die deutsche Ausländermaut, die wohl kaum noch Gewinne abwirft, hohe Kosten durch Infrastruktur einführt, maximal Investoren nützt, sollten Autobahnen endgültig privatisiert werden, und den Rechspopulisten als "gegen Ausländer" Goodie in die Hände spielt.

Links:

Über den Bürgermeister von Rotterdam

Dänemark lädt den türkischen Ministerpräsidenten aus

Die Argumente sind kurz. Meist bestehen sie nur aus einem Satz.

Der ist Nazi, sagen sie. Das ist eine Feministin, sagen sie. Das ist ein Arbeiter, sagen andere über irgendeinen Menschen. Und meist wollen sie uns damit sagen: komm da weg. An dieser Person haftet etwas Schlechtes.

Aber meist haftet der Definition ein ganzes Weltbild an Gedanken an, das ich teile. Oder auch nicht.

Das ist ein Nichtsnutz, der ist arbeitslos.

Das hörte ich einmal. Und überlegte, warum Arbeitslose zu nichts nütze sein sollten. Nur weil er gerade keinen Job hat? Oder sollte mir das sagen, dass der gar nicht abeiten will? Aber dann wäre er ja doch zu etwas nutze, aber will halt nicht.

Und dann unterhielt ich mich mit einem Nazi. Einem echten. Einem, der im 2. Weltkrieg zu den Nationalsozialisten ging, weil er dort zur See fahren konnte. Er war nie in der Nähe des Krieges, erzählte er. Er hegte nie einen Groll gegen Juden oder irgendeinen Menschen sagte er. Er wollte den Krieg nicht. Er wollte die Konzentrationslager nicht. Der alte Nazi fragte mich, ob ich ihn verachten würde. Ob ich erwartet hätte, dass er sein Leben riskiert, indem er gegen die Geschehnisse ankämpfte. Geschehnisse, von denen er auf See höhrte, als sie längst Geschichte waren. Man merkte, die Gedanken ließen ihn nicht ruhen. Das war nicht so ein Nazi, wie ich mir einen vorstellte, wenn einer wieder sagte "Geh da weg, das ist ein Nazi. Sprich nicht mit dem".

Sie ist Rassistin sagen sie. Aber niemand bemüht sein Denken so weit, um sich vorzustellen, was ihre Worte auf Freunde haben können. Das sind Rumänen, die gehören hier nicht hin, sagte sie. Eine Freundin von mir ist gebürtige Rumänin. Sie ist eingebürgert. Sie hat einen guten Job. Man sieht ihr nicht an, wo sie geboren wurde. Was sie durchgemacht hat. Aber die Worte der Rassistin hielt sie nicht aus. Nicht weil sie Angst vor ihr hatte, sondern weil niemand widersprach. Die Angst, dass ihre Freunde schweigen würden, wenn mehr als nur böse Worte kommen, machte sie stumm. Und verzweifelt.

Sie ist Rassistin sagen sie. Und akzeptieren damit vielleicht sogar den Gedanken an eine Rassenlehre (der übrigens so gut wissenschaftlich widerlegt ist, dass es ein leichtes wäre, daran zu denken, was für ein Unsinn es ist, von Rassen zu sprechen, wenn es doch so etwas gar nicht gibt). Was es so leicht machen würde, diese Frau auszulachen. Und ihr zu zeigen, dass sie falsch liegt. Aber dazu muss man den Gedanken ausformulieren.

Donald Trump hat im Wahlkampf so viele Namen bekommen. Und nun, da er gewählt wurde, rätseln die Presse, die Wähler; sogar seine Unterstützer, was er eigentlich ist. Oder will. Vielleicht ist er einfach nur ein dummer, respektloser, eigennütziger Mensch. Aber dieses "er ist..." hat ihm eine ominöse Macht verliehen. Er ist Sexist sagen sie. Und Trump wurde gewählt. Und alle unser Wissen, was Sexisten machen könnten, füttert unsere diffuse Angst, dass er ja gewählt wurde; dass Menschen akzeptabel finden könnten, was Sexisten in unserer Fantasie schlimmstenfalls sagen oder tun könnten. Während andere sich das Wort vielleicht gar nicht so schlimm ausmalten. Und so sagen wir etwas. Und denken etwas Anderes. Viel über seine Taten oder Worte geredet wurde dabei nicht. Er ist... hätte allen genügen sollen; und das sollte eine Warnung sein.

Was ist so schlimm daran, über Dinge zu diskutieren. Liebe Presse: Was ist so schlimm daran, Fragen zu stellen, wie Behauptungen umgesetzt werden sollen? Was ist so schlimm, immer wieder die Hintergründe auch unserer eigenen Gedanken zu hinterfragen. Was ist schlecht daran, die Konsequenzen zu definieren?

So machten sich alle ihre eigenen Gedanken. Und niemand kam der Möglichkeit, die kommende Realität zu erahnen auch nur ein Stück näher.