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So, heute wurde es wieder ein wenig politisch. Und zwar war ich mal als Gast mit dem ADFC unterwegs.

Der ADFC hat - eine Woche vor der Landtagswahl in NRW - eine politische Sternfahrt nach und in Düsseldorf auf die Beine gestellt.

Es ging darum, die Bedürfnisse für Radfahrer im Straßenverkehr zu thematisieren. Die Sternfahrt war als Demo angemeldet, und so wurden einige Hauptverkehrsadern heute zur autofreien Radfahrstraße.

In Anerkennung meines desolaten Fitnesszustandes probte ich die Anreise ab Dortmund mit dem Regionalexpress, was sich schon ein wenig als Abenteuer erwies. Letztes Wochenende entgleiste in Dortmund ein ICE und beschädigte nennenswerte Teile des Gleises. Wozu die Bahn nichts kann. Was zu einigem Chaos am Bahnhof führte (wozu die Bahn nichts kann), und es nicht ganz so einfach war, herauszufinden, an welchem Gleis nun ein passender Zug fuhr (wozu die Bahn doch was kann). (Einige machten sich tatsächlich mit dem Rad auf den Weg, und fuhren ab Dortmund, Oberhausen, Krefeld, Bergisch Gladbach u. v. m. mit dem Rad).

In Kaiserwerth stieg ich entspannt aus, und gesellte mich zur immer größer werdenden Schaar an Radfahrern, die nach Eintreffen der einzelnen Gruppen langsam Richtung Landtag losrollte. Die Tour ging über angenehm flaches Gelände, so dass ich auch mit dem Faltrad gut und enspannt Schritt halten konnte.

Am Landtag gab es eine kurze, politische Diskussion mit eingen MdLs. Und kurze Zeit später noch zu der großen Rundtour mit allen Gruppen durch Düsseldorf (inklusive der Rheinbrücken und der Rheinunterführung).

Zurück habe ich mir dann ab dem Hauptbahnhof den ICE gegönnt...

Das Thema Fahrrad kam sehr gut bei den Menschen, an denen wir vorbeizogen an. Unmut gab es wenig (Fußgänger: muss das sein? - Ja, das ist 'ne Demo; Autofahrer: wie kann man hier nur so einen Stau... -hey, das schafft ihr sonst auch prima OHNE Radfahrer).

Die meisten freuten sich allein über die Forderung, die Umgebung für Radfahrer zu verbessern. Nur, warum passiert da so wenig?

  1. Es kostet Geld. Davon ist nicht unbegrenzt was da. - Stimmt. Auf der anderen Seite ist der tägliche Arbeitsweg mit dem Rad gut für die Gesundheit (und wenn es nur die Teilstrecke bis zum Zug ist). Infrastruktur, egal ob für Fußgänger, Autofahrer, Bahn oder Rad kostet IMMER Geld. Der Punkt ist, mit dem Geld einen Gegenwert zu erschaffen, der möglichst vielen Menschen zu Gute kommt. Und da sind Radfahrer immerhin eine große Gruppe, die sich mit den anderen sowohl in Nutzungsverhalten als auch in Interessenlage mit den anderen überschneiden. Arbeitgebern kommt es zu Gute, wenn die Mitarbeiter kostengünstig und sicher zur Arbeit kommen können. Den Anwohnern einer Stadt oder Hauptstraße kommt es zu Gute, wenn weniger Abgase und Motorenlärm zur Lebensqualität beitragen. Fußgängern profitieren, wenn Radwege nicht so angelegt sind, dass sie Angst haben müssen, vom nächsten Rad umgewemmst zu werden.
  2. Das Henne-Ei-Problem: Was war zuerst da? Der Bedarf an Fahrradinfrastruktur oder das Angebot? Eine lange Zeit mied ich das Radfahren. Nach einem Unfall nicht wieder aufgestiegen, lebte ich im Stadtzentrum mitten in einem Ballungsgebiet. Da war radeln zwischen den Autos schon mutig. Und die Radwege waren meist zugeparkt oder vollkommen marode. Erst als ich in einer radfreundlicheren Umgebung wohnte, kam wieder ein 2Rad in mein Haus. Da aber heute viele so an den Gedanken gewöhnt sind, das Rad nur noch als Sportgerät zu benutzen, und nicht mehr als Fortbewegungsmittel, liegt auch der Gedanke an eine Investition fern.
  3. Der Blick auf das große Ganze: Was ist 'verbessern'? Da gibt es vieles, was zusammenhängt. Zusammenhängende Routen, die per Rad angenehm und gefahrenarm genutzt werden, und nicht mal eben 5 km neben der zu engen Durchgangsstraße herführen sind ein Thema. Die Möglichkeit, am Zielort auch mal ein Rad sicher abzuschließen oder bewacht unterzustellen auch eines. Viele gewünschte Touren scheitern an der Möglichkeit, das Rad im Zug oder der Straßenbahn zu transportieren (ok, da bin ICH mit dem Faltrad außen vor). Digitalisierung (mit dem Smartphone nachsehen, ob ich das Rad am gewünschten Bahnhof abstellen kann, wann der Zug fährt, ob Zugmitnahme möglich ist. Die Strecke am Zielort planen. Evtl. vor der Dienstreise checken, ob es am Zielbahnhof Mieträder gibt... Das ist alles noch viel zu unübersichtlich, und kann verbessert werden.
  4. Aber die Autofahrer: Ja, auch die sollten wir einplanen. Dabei Entwicklungen im Auge behalten, die das Miteinander verbessern, wenn man es richtig angeht (Carsharing, E-Autos, autonomes Fahren, Ruftaxen, Straßen, die so geplant sind, dass ich am Lenker des Automobiles zum Ziel komme, ohne dass mir ein Fahrrad mit Mensch vor den Kühlergrill springt, und ich, wenn ich auf das Rad wechsele, nicht selber stresserfüllt vor Abgasen und Mobilitätsblech flüchten muss. Wer immer nur das entweder oder sieht, wird blind für Lösungen, die alle im Auge behalten. Vielleicht MUSS ich als Autofahrer gar nicht bis vor die Tür fahren, wenn ich per Park&Ride bequem auf Bus und oder Mietrad umsteigen kann.
  5. Mit den Menschen reden: Heute hat der ADFC eine Menge an Aufmerksamkeit eingefordert. Hier sollte es aber nicht enden. Fragt die Menschen, wie sie sich ihr Dorf, ihre Innenstadt wünschen. Die Politik ist heute so sehr gewohnt, einfach den Bürgern etwas vorzusetzen, was dann bitteschön angenommen wird, dass das ganze Potential von Ideen und Wissen der Menschen brach liegt. Lasst die Menschen doch einfach mal mehr diskutieren und mitbestimmen. Dann freunden sie sich (mit den dann selbstverursachten Lösungen) besser an, und kommen vielleicht auf ganz neue Ideen.