Dann guckst Du so, wieviele Leute Deinen Blog angeklickt haben, und siehst, dass jemand "gebrauchten Bugspriet" in die Suche eingegeben hat.
ICH BIN ABER NOCH SEHR GUT ERHALTEN!!!!1!11
Das wollte ich nur mal betonen.
Vor ein paar Jahren war ich ja noch nicht mit diesem Politkkrams eingebunden, und habe jede freie Minute auf dem Meer verbracht.
2006 hat es mich auf die Alexander von Humboldt I verschlagen, und einige Jahre habe ich dort jeden Urlaub verbracht. Sei es auf einem Törn (bevorzugt Nordsee), oder auf der Freiwilligenwerft in Bremerhaven.
Nun, es war ein Törn von der Niederländischen Küste an das obere Ende der Britischen Insel Ende Herbst, der Wind war kräftig, ohne dabei stürmisch zu sein. Die Taubenhalter ließen ihre Vögel fliegen. Für Tauben ist der Weg über das Meer ein sehr langer, und Schiffe werden als willkommene Möglichkeit gesehen, eine Pause vor dem Weiterflug einzulegen.
Nun haben Vögel eine recht gute Verdauung und für die Segel ist der hochätzende Auslass einer Taube ein Garant für Löcher und Risse. Deshalb werden Tauben normalerweise schnell verscheucht.
Außer dieses eine Mal. "Wir haben eine Taube". OK, es würde die schon jemand wegscheuchen. Und dann kam der Kapitän in die Messe. Holte 2 Schälchen und verschwand wieder. Ehm?
Wenig später hatte die Taube hinten am Kartenhaus ein Schälchen mit Wasser und eines mit Haferflocken stehen.
Die Anwesenden sahen ein wenig skeptisch drein, und rechneten sich schlechte Chancen aus, dass die Taube bei Angebot freier Verpflegung freiwillig wieder abflog.
Wenig später saßen wir wieder nach dem Essen in der Messe und diskutierten, dass man - wo der Kapitän das nun offenbar beschlossen hatte, dass die Taube blieb - dem Tier doch einen Namen geben müsste.
"Was ist denn der dümmste Frauenname, der euch einfällt?" "Uschi". So wurde die Taube auf "Uschi" getauft.
Uschi ging es offenbar recht gut. Und Uschi fühlte sich in ihrer windgeschützten Nische recht wohl. Und fraß eine Menge.
Die Nordsee ist rau, die Wetterlage auf dem Meer ändert sich schnell. Auf der Nordsee gibt es einige Verkehrstrennungsgebiete. Das sind sozusagen die Autobahnen auf dem Meer. Eine Linie geht in die eine, die andere Spur in die Gegenrichtung. Deshalb muss die Maschine auch auf einem Großsegler in solchen Ecken immer auf Standby sein, und die Maschinisten müssen schnell reagieren können, den Schiffsdiesel auf Volllast hochzujagen.
Irgendwann gab es ein paar Probleme im Maschinenraum. Ein Maschinist hetzte den Niedergang hoch, mit einem flotten Schritt aus dem Kartenhaus heraus, um den Kapitän zu informieren, der Achtern in der Nähe des Ruders stand.
Uschi hatte weiter gut gefressen und gut verdaut; unser Maschinist trat in die Hinterlassenschaften und zog dank seines Schwungs seinen Hintern über das Deck und beseitigte so auch den Rest von Uschis Spuren mit seiner Hose.
Davon bekamen wir ausser einem *fump* nicht so viel mit. Und Geräusche gibt es auf einem Schiff mit 60 Mann Besatzung schon so einige.
Ich saß also unten in der Hamstertasche bei den Rauchern, wärend hinter mir etwas in spitzem Winkel in die Nordsee zog. Das Mädel mir gegenüber sprang entsetzt auf "Die Taube!!!!"
Bei der Panik im Blick versuchte ich erstmal zu deeskalieren. "Keine Sorge - die kann schwimmen". Ich wollte damit nur panikartiges Herumrennen verhindern und machte mich schon mal auf wüste Beschimpfungen gefasst.
Gefasst war ich auf Einiges, aber nicht auf das "dann ist ja gut" und sie setzt sich wieder hin.
Ich gehe ja nicht zum Lachen in den Keller, aber diesmal musste ich doch rein, weil ich die Reaktion schon zum Schießen fand.
Wir fanden also heraus, dass Uschi wohl versehentlich gegen einen Tampennagel gelaufen ist, und deswegen den Halt an Deck verloren hat. Dies wurde uns vom Maschinisten glaubwürdig bestätigt.
Der Kapitän war ein wenig verstimmt. Der Rest der Mannschaft versuchte mit den immer unruhiger werdendem Meer fertig zu werden, und das Frühstück einzunehmen. Ich hatte aus der Trockenlast (dem Vorratslager für nicht zu kühlende Lebensmittel) ein paar Dosen "sieht aus wie Leberwurst mit spanischer Beschriftung" geholt. Die, die es noch schafften trotz Seekrankheit zu essen, versuchten sich ein paar Bissen hereinzuwürgen. Wenn man Seekrank ist und nichts isst, wird es immer schlimmer. Jemand in meiner Back fragte "Was ist das eigentlich? Pastete?"
Ich drehte und wendete die Dose und fand neben der spanischen Beschriftung die kleine Abbildung einer Taube. Diese drehte ich zum Fragenden und sagte "Das ist Uschi"
Eine Sekunde saß ich alleine in meiner Back. Der Rest war im Rekordtemo raus und an die Reeling gesprochen. Der Kapitän, der schräg gegenüber saß, sprach anschließend noch ein paar Worte zu mir. Irgendwas mit 'respektlos'
Oups