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Es fing mit einer kleinen Notiz auf Twitter an. Flugzeu U-irgendwas offenbar abgestürzt. Irgendwo in den Bergen. Ich war ein wenig betroffen, auch neugierig, und richtete mich auf eine lange Zeit ein, bis überhaupt Details an die Öffentlichkeit kamen. Wenige Stunden später die ersten Pressekonferenzen. Weiß man schon etwas? Nein, nicht viel. Warscheinlich keine Überlebenden. Das überrascht nicht wirklich. Immer wieder die Frage von Journalisten(?) ob es sich nicht doch um einen Terroranschlag gehandelt haben könnte. Als ob ein normaler Flugzeugcrash zu unspektakulär wäre.

Drängende Fragen, Verdächtigungen. Germanwings könnte unsicher sein, weil sich ein paar Crews direkt nach den Nachrichten über den Absturz als flugunfähig abmeldeten. Als ob nicht ein enormer Shitstorm über einen Piloten hinweggebrochen wäre, der nach dem Verlust mehrerer bekannter, evtl. vertrauter Kollegen einen auch noch so kleinen Fehler begangen hätte.

Ranga Yogeshwar äußert auf Facebook, was schon bemerkenswert ist, dass er sich nicht zu Spekulationen hinreißen lässt. Link

Nun kommt es noch schlimmer. Offenbar hat der Copilot den Crash bewusst herbei geführt. Und jetzt schlagen die Spekulationen noch höher.

Vermutungen, dass dieser Mensch Depressionen hatte.

Bislang unbewiesen. Aber hier eröffnen sich vollkommen neue Möglichkeiten. Der Verursacher ist zwar tot. Aber so lässt sich sicher noch ein Schuldiger finden, der das alles hätte erkennen, erahnen und sehen müssen. Tests, die hätten verbessert werden können. Hauptsache bewegende Bilder und den Menschen vor den Medienausgabegeräten wird das gute Gefühl gegeben: wir haben alle etwas getan.

Was das mit den Menschen, den Hinterbliebenen und der Infrastruktur macht, die wir alle noch nutzen wollen und/oder werden, wird uns wohl erst viel später bewusst werden.

Können Verantwortliche in einer Fluggesellschaft so überhaupt noch Verantwortung übernehmen, wenn es eh egal ist, ob sie eine Mitschuld tragen oder nicht? Kann sich ein Ingenieur, ein Pilot oder ein sonstiger Mitarbeiter, der ein Flugzeug wartet, fliegt oder dort arbeitet überhaupt noch darauf konzentrieren, aufmerksam seine Arbeit zu machen, wenn ihm durch die Masse ein Vorwurf entgegen weht, er wäre Schuld am Tod von Menschen?

Kann ein Journalist sich überhaupt noch zurücklehnen und auf Fakten warten, eine nüchterne und realitätsnahe Berichterstattung erarbeiten, die auf Spekulationen verzichtet und den Hinterbliebenen, Mitarbeitern und Chefs der Fluggesellschaft ihre Würde lässt, und ihnen zugesteht, das Bestmögliche getan zu haben?

Die Reisende nicht konsequent unter Druck setzt, doch eigentlich immer mit Angst in ein Flugzeug steigen zu müssen.

Ich habe selber 1 oder 2 dieser reißerischen Artikel angeklickt und damit ihr Fortbestehen garantiert. Die Werbecents für meine Klicks werden fließen. Und damit auch der Verfall nicht nur des Journalismus, sondern auch des zivilisierten Verhaltens, das eine respektvolle, sich weiterentwickelnde Gesellschaft erst ermöglicht. Schade.

http://www.deutschlandfunk.de/germanwings-unglueck-die-medien-und-der-absturz.724.de.html?dram%3Aarticle_id=315423