Daily Archives: June 25, 2017

Das mit den Drogen, das ist schon eine komplizierte Sache. Wer das Wort Drogen gelesen hat, hatte jetzt bestimmt schon sein eigenes Kopfkino durchgespielt. Die einen denken an das Buch oder den Film "Christiane F., wir Kinder vom Bahnhof Zoo", andere gucken noch mal besorgt ins Kinderzimmer, und ob das pubertierende Blag rote Augen hat.

Außer ein wenig Fachpersonal, das vielleicht zufällig auf diesen Blog stößt, ist vermutlich keinem das Wort "legal" oder "Schmerz- und Betäubungsmittel in den Sinn gekommen. Ja, auch das sind Drogen.

Noch schlimmer wird es, wenn ich den Buzzwortbegriff "Drogen legalisieren" in den Raum werfe.

Je nach Klientel kommt da in der Regel ein gelassen wirkendes Peeeeeace oder ein "Wenn da IRGENDEIN Idiot bekifft mein KIND totfährt..."

So jetzt noch mal ganz langsam: Alkohol ist auch legal. Mit Alkohohl wurden die Meisten von uns schon früh sozialisiert. Frühzeitig wird gelehrt: Don't drink and drive. Von Don't drink redet kaum einer. Im Gegenteil. Wer als handelsüblicher CSU Politiker nicht mindestens einen Anstich beim Oktoberfest gemacht hat und mit roten Pausbäckchen das gesellige Zusammensein gegenüber der Presse lobte, gilt als unwählbar.

So Kinder, jetzt aufgepasst: Betrunken Auto zu fahren, ist NICHT legal. Wer das macht, und dabei erwischt wird, hat einen Kragen Ärger am Hals. Auch Menschen, die betrunken dazu neigen, ziemlich aggressiv zu sein, müssen sich vorher überlegen, wie sie ihrer Umgebung ausweichen, weil es sonst unangenehme Konsequenzen gibt.

Glücklicherweise gehöre ich zu denen die nach dem dritten Bier lethargisch in der Ecke einschlafen. Und ich rede von Kölsch-/Altgläsern. Echt jetzt. Nach zwei Whisky könnt ihr mich nur noch in den Keller tragen.

Aber hey, Alkohol ist auch legal.

Dann waren viele von euch schon mal im Krankenhaus. Oder beim Zahnarzt. Gab es da nicht auch Mittel, die euch die OP erträglich gemacht haben? Das ist meist schon harter Stoff. Und nein, den kann euer 6jähriger auch nicht beim Kiosk gegenüber kaufen. Aber die Betäubung oder Narkose war vollkommen legal. Ich musste nur schon mal unterschreiben, für X Stunden nach dem Eingriff keine Maschinen zu bedienen, also auch kein Auto zu fahren.

Es ist nicht so, dass Narkosemittel nicht missbraucht werden. Guckt euch so Leute wie Michael Jackson an. Und jetzt nicht, die extremen Umbauten seines Gesichtes. Sondern wie ein skrupelloser Arzt ihm Narkosemittel verschaffte, um ihn seinen Alltagsschmerz vergessen zu lassen. Der Arzt wurde hinterher auch verurteilt.

Und dann gibt es da so komische Beispiele, wie Cannabis. Die Wirkstoffe helfen vielen Menschen, zum Beispiel Patienten mit starker Migräne, chronischen Schmerzen oder Multipler Sklerose, ihre Symptome mit geringer Dosis und wenig Nebenwirkungen zu bekämpfen. Da waren die vormals einzig legalen Mittel mal wesentlich derber, was Wirksamkeit und Nebenwirkungen betraf. Zum Glück dürfen sich jetzt einige auch legal das Hanfprodukt verschreiben lassen; wobei allerdings noch die durchführenden Stellen mauern.

Müssen wir tatsächlich diskutieren, ob man Medikamente zugänglich macht, weil die Industrie daran weniger verdient?

Konsumiert aber jemand Cannabis und setzt sich Tage danach ins Auto, kann er seinen Führerschein verlieren.

Zum Vergleich: bei Alkohol muss ich warten, bis die Wirkung verflogen ist. Bei Cannabis lassen sich, nach Ende der Wirkung, noch über Wochen und ggf. Monate der Konsum nachweisen. Der Mensch steigt also vollkommen klar ins Auto, und wird trotzdem bestraft.

Warum also verschiedene Substanzen unterschiedlich behandeln? Es gibt die Wissenschaft. Wir können ganz bequem erforschen, wie lange Menschen im Allgemeinen nach Gebrauch von Mariuhana oder Gras  beeinträchtigt sind, und das als Grenze für Fahrtauglichkeit ansetzen. Wir können Tests entwickeln, die herausfinden, ob jemand die aktive Substanz im Blut hat, oder nur die Abbauprodukte, die nichts mehr machen, außer langsam herausgespült zu werden.

Warum also nicht die Möglichkeiten nutzen, und die Welt für alle etwas erträglicher gestalten?

P.S. in Ländern wie Portugal oder Californien wurden bereits durch die Legalisierung viel Leid erspart. Kriminielle Strukturen werden ausgetrocknet. Nein, der Konsum ging dadurch nicht steil nach oben; im Gegenteil.

Die Substanzen werden nicht mehr mit Blei, Rattengift oder anderer, billiger Chemie gestreckt, die Konsumenten viel schneller in Abhängigkeit und körperliche Schädigungen treiben,  als wenn sie legal vertrieben werden.

Sprich: wir müssen da für viele Substanzen noch mal dran. Erforschen, welche Auswirkungen purer Konsum wirklich hat; ob Abhängigkeiten auch entststehen, wenn es gegen akute Symptome gegeben wird (Morphin z.B. kann bei Schmerzen nicht so leicht abhängig machen, wie ohne Probleme eingenommen). Ärzte und Pharmakonzerne haben ein viel breiteres Spektrum an Möglichkeiten. Was war noch mal schlecht an Legalisierung?

Jetzt wurde also der Staatstrojaner beschlossen. Und die Folgen dürften wenig amüsant sein. Und nein, den Terrorismus werden wir auch damit nicht aufhalten. Diese sogenannte Möglichkeit der Regierung ist mit einem Paket dahergekommen, das offenbar nur Probleme macht.

Udo Vetter schreibt auf seinem Lawblog über die neuerlich vorhanden Pflicht für Zeugen, eine Aussage zu tätigen: https://www.lawblog.de/index.php/archives/2017/06/23/schoene-neue-zeugenwelt/ 

Er verlinkt auch den Gesetzentwurf der Bundesregierung, wo der Wortlaut im Detail steht.

Peter Schaar, der vormalige Bundesbeauftragte für den Datenschutz zerreisst das Gesetz hier: http://www.fr.de/politik/staatstrojaner-ein-arroganter-umgang-mit-der-macht-a-1300686

äußert sich hier über die Quellen-TKÜ:https://www.heise.de/newsticker/meldung/Peter-Schaar-Der-Staat-ist-ein-feiger-Leviathan-3755246.html  (TKÜ = TeleKommunikationsÜberwachung - an der Quelle; also bei euch daheim)

Damit bleiben also Sicherheitslücken in Software offen, und bieten den dunklen Gestalten der Gesellschaft Einfalltore auf private Daten und Geräte. Wie gut diese "Hacker" dann ausgebildet sind, entzieht sich den Möglichkeiten des Interessierten. Dass diese Überwachung dann auch noch wesentlich umfassender ist, als eine normale Haus- oder Wohnungsdurchsuchung, wird den Meisten erst gar nicht bewusst. Und gerade die Daten auf dem heimischen PC verleiten dazu, falsche Schlüsse zu ziehen.

Durch die Zugangstüren, die eine derartige Schadsoftware erhält oder schafft, können auch böswillige Menschen Dinge auf Rechnern platzieren oder verändern, die man dort selbst gar nicht gelassen hat. Den Gesetzgebern kann es egal sein, wenn die Beweise als rechtsgültig definiert werden.

Die Frage ist, was die Politik mit der Verabschiedung immer weiterer Grundrechtsverletzungen im Sinn hat. Vielleicht soll das nur Macht und Stärke demonstrieren, damit der handelsübliche Einwohner Deutschlands beruhigter ist. Was aber in dem Fall nur als Betrug gewertet werden kann. Denn die Versprechen hält die Gesetzgebung nicht. Hier wird nicht nur ein Heftplflaster auf einen tiefen Riss gelegt, dieses Pflaster enthält auch ein langsam wirkendes Gift, das der Gesellschaft einen so großen Schaden zufügt, dass wir unter Umständen eine Generation brauchen, um das wieder auszubügeln.