Daily Archives: December 23, 2013

Das kann ich nicht unkommentiert lassen. Vor einiger Zeit stolperte ich über folgendes Whiskytasting - *klick*

Eine Zeitlang verbrachte ich fast jeden Urlaub auf der Alexander von Humboldt I - ein über 100 Jahre alter 3Master, Rahsegler. 60 Mann Besatzung und üblicherweise gingen die Törns über 1 - 2 Wochen, Tag und Nacht im 3-Wachen-System gesegelt.

Mit diesem Hintergrund will ich das Tasting mal bedenken.

1. Tasting: "Würzig" Ja ok. Dann kommt "maritimer Atem". Hmm. Nun ja, zur jeweils 4 Stunden dauernden Wache mit 8 Stunden Pause wurde man in seiner Koje geweckt und jemand flüsterte einem Uhrzeit, Wetter und Zeit bis zum Wachwechsel zu. Da war schon mal Mundgeruch dabei. "Teeröl" Ja, Labsal, damit wurde (eine Mischung aus oft Leinöl, Lebertran, Holzteer und anderen Zutaten) das Tauwerk behandelt, damit es Salzwasser- und Wetterfest wurde. Jeder Bootsmann hatte seine eigene Mischung, und ihr könnt euch vorstellen, wie nach einer Woche an Bord Hände, Haare, Kleidung und überhaut ALLES riecht.
"Trocknendes Seegras" ist ein auf dem Meer auch nicht unüblicher Geruch, und "Kokusnuss... Saurer Apfel. Vanille bricht nach einer Weile durch. Gaumen: rauchig. Süße Fruchtnoten" spricht wieder von dem Mundgeruch beim Wecken, schlecht geputzten Zähnen und der letzten Mahlzeit mit einer Zigarette danach.

Kommen wir also zu Tasting 2: Warscheinlich nach ein paar Tagen an Bord wird man also wieder von diesem Typen geweckt: "phenolisch, teeriges Seil. Muscheln, Salami" Ok mit Labsaal (siehe oben) getränktes Bändsel bezeichnet man als Hüsing. Wird überall zum Einwickeln, Festbändseln etc. verwendet. Riecht intensivst halt nach den oben genannten Indigrenzien (Teer, Lebertran, sonstwas). Diesmal gab es also Muscheln zu Mittag, nach der Wache wohl noch ein Knoblauch-Salamibrot. Lecker. "Mit Kräutern, Seegras, zereale Noten." Leute ich sag doch, der Matrose hat doch noch vorher über der Reeling gehangen, weil ihm nicht mehr gut war. Jetzt kommt es: "Kohleneimer" Er hat es also nicht mal mehr zur Reeling geschafft. Aber die Hände waschen, hätte er vorher doch können, ne? "Gaumen: explodierende Rauchigkeit ausbalanciert von einem seidigen weichen mittleren Gaumen" Ja, dass er sich das alles hat noch mal durch den Kopf gehen lassen, wissen wir ja nun bereits.

"Küstenaromen, Fischöl, etwas Ingwer, Lavendel. Rußig. Große Balance. Finish: Rauch und Ingwer."

Okey, Fischöl, ja das war der Lebertran von der Arbeit im Rigg. Ingwer wird auf See gerne als Hausmittel gegen Seekrankheit eingesetzt. Geholfen hat es wohl nicht. Lavendel - vielleicht ein wenig Aftershave benutzt? Und dann schon wieder eine auf das ganze Elend geraucht. Leute, DARAUF bräuchte ich dann auch einen Whisky!

 

 

Die repräsentative Demokratie frisst ihre Kinder - ein Artikel auf Heise.de.

Wie so Viele um mich herum frage ich mich, ob die gefühlte Abwärtsspirale überhaupt noch aufzuhalten ist. Ich höre Worte wie Postdemokratie, und mache mir Sorgen über den resignierten Tonfall, den ich dort zu hören bekomme.

Ich höre, wie besorgt 'Bürger' über geplante 'Asylantenheime' (hey es heißt Asylbewerberheime) sind, mit der Begründung, ein solches Heim würde den Stadtteil weiter abwerten. Allein diese Begründung gruselt mich. Hier wird also über den Wert von Menschen diskutiert, mit einer bereits fest definierten Wertung, die ich so gar nicht akzeptieren kann.

Menschen werden nicht mehr als Menschen akzeptiert, und diejenigen, die mit verspannter Körperhaltung eine Lösung von den Piraten erwarten, suchen einen Kanal, um ihre Aggression, ihre Wut herauszulassen.

Und ja, ich kenne die eigenen Existenzängste. Das beklemmende Gefühl, dass der eigene Job nicht mehr so sicher ist. Die Irritation und Machtlosigkeit, die die aktuelle Politik in mir hervor ruft. Aber ich nehme mich auch davor in Acht, vorschnell einen Schuldigen dafür zu suchen. Im Mittelalter waren es Hexen und Juden, heute ist es "der Ausländer".

Ich will das nicht. Ich möchte mich weiter mit Menschen treffen, mich austauschen, unabhängig ihrer Herkunft, ihrer Sprache oder ihrem sozialen Hintergrund. Egal, ob sie Männlein oder Weiblein sind. Und ich möchte, dass die Politik hier die Interessen Aller vertritt. Eben damit ich auf meiner Ebene nicht allein alle Lösungen und Kompromisse finden muss. Damit ich einfach Leben kann.

Deshalb ist es so wichtig, nicht nach unten zu treten, und diejenigen abzustrafen, die für die politischen Fehlwege am Wenigsten können, sondern jederzeit mit einem Schritt Abstand zu überlegen, was es eigentlich ist, was die Rahmenbedingungen definiert. Dann haben wir auch vielleicht wieder eine Chance, diese Welt mit zu gestalten.

 

Tja, das ist in diesem Land nicht so einfach. Ich bin mir im Moment nicht sicher, ob es den Begriff ''Stammtischgespräche'' auch in anderen Sprachen gibt. Aber das ist so typisch. In der Kneipe können sich die Menschen aufregen, abreagieren, ihre Meinung festigen, und dann am nächsten Morgen wieder brav zur Arbeit gehen und so weiter machen wie jeden Tag.

So läuft fast jede Empörungswelle auf Twitter, fast jeder Shitstorm auf einer Mailingliste der Piratenpartei, in jedem Forum. Und dann? Ja die Politik tut sowieso, was sie will. Deshalb sind auch bei der Bundestagswahl so viele Menschen einfach nicht hingengangen. Außer vielen Alten, die zur Wahl gingen, weil man das eben so tut. Weil man ja schon immer CDU oder SPD gewählt hat. Weil die ja wissen, was sie tun.

Eine Mischung aus Vertrauen, dass die da oben das schon machen, Obrigkeitenhörigkeit und Null-Interesse, was tatsächlich dort gemacht wird.

Dann gibt es für den normalen Menschen hier so gut wie keine Erfahrungswerte, was Öffentlichkeitswirksamkeit angeht. Wer hat denn bitte schon mal eine Rede gehalten. Wenige bloggen. Ein paar schreiben den ein oder anderen Post bei Facebook. Aber dann mehr Catcontent oder das ein oder andere witzige Foto geteilt.

Wer kann seine eigene öffentliche Reichweite einschätzen oder gar richtig einsetzen? Aus übungstechnischen Gründen fehlt einfach der weiterführende Gedanke: wie kommen meine Aktionen nach Außen an? Was bewirken sie dort?

Selbst bei den aktuellen Protesten in Hamburg um die Rote Flora und das Esso-Gebäude habe ich eines vermisst: Information und Öffentlichkeitsarbeit. Dort gingen die Menschen schon einen Schritt weiter: Auf die Straße. Und das in einer Form, die wir alle gern anders gesehen hätten. Ich möchte mich darüber nicht allzu lang auslassen, auch weil ich die Ereignisse nur aus 2. Hand verfolgt habe. Deshalb hier ein Link zu Heise

hier noch ein Blog, der sich berechtigter Weise zum erwartungsgemäßen Verlauf auskotzt

und eine Zusammenfassung (noch ein Blog)

Alles in Allem haben sich auch hier die Proteste und die - anfangs noch zielgerichtete - Empörung verselbständigt und sind zum Selbstzweck gelaufen. All das, wofür man die Piraten lange angeprangert hat, was aber immer und immer wieder zum Symptom unserer gesamten Gesellschaft wird. Selbstdarsteller, wie Polizei, Politik, gewalttätige Demonstranten (ja ich habe gewalttätige geschrieben, weil für mich das zählt was getan wurde, von Wenigen, nicht das was jeder potentiell hätte tun können), haben die Bühne übernommen, und herausgekommen ist: ein Bericht über inakzeptables Verhalten von Polizei und einigen Demonstranten. Prima. Nicht.

Nun bin ich seit einiger Zeit bei den Piraten, habe gelernt, mich bei politischen Themen über mehrere Quellen über die Hintergründe zu informieren und gezielt zu suchen. Das habe ich nicht immer getan. Ich finde auch nicht immer die richtigen Quellen. Die mit den verständlichen Informationen.

Ich hätte gerne mal von den Beteiligten außer den üblichen Aufregern "die Polizei ist doof" "die Linksradikalen!!1!11" "Die Presse ist doof" mir als Ruhrpottmensch ein paar mehr Informationen gewünscht. Ich habe mich mit Hamburger Geschichte, auch der mit der jüngsten Zeit nur oberflächlich auseinandergesetzt. Meine Informationsquellen waren definitiv einseitig, sehr dürftig, und ich hatte gern mehr Hintergründe gehört. Mehr Berichte, von den Betroffenen selbst. Warum seid ihr so wütend? Warum sind die Argumente der Gegner invalide? Warum finde ich zwischen den ganzen Tweets, den ganzen Blogs so wenig Information dazu?

So geht es in eine Reihe mit so vielen politischen Themen, bei denen es wichtig wäre, auch den Rest der Öffentlichkeit auf die richtige Seite zu ziehen; Druck auf die Politik auszuüben. Selbst die eigene Filterbubble weiter zu informieren. Aber hier failt der Prozess. Hier ist die eigene Betroffenheit wieder im Vordergrund. Und ändern tut sich nichts. Schade.

Nachtrag - eine Analyse von NTV zu Hamburg