Piraten

Das mit den Drogen, das ist schon eine komplizierte Sache. Wer das Wort Drogen gelesen hat, hatte jetzt bestimmt schon sein eigenes Kopfkino durchgespielt. Die einen denken an das Buch oder den Film "Christiane F., wir Kinder vom Bahnhof Zoo", andere gucken noch mal besorgt ins Kinderzimmer, und ob das pubertierende Blag rote Augen hat.

Außer ein wenig Fachpersonal, das vielleicht zufällig auf diesen Blog stößt, ist vermutlich keinem das Wort "legal" oder "Schmerz- und Betäubungsmittel in den Sinn gekommen. Ja, auch das sind Drogen.

Noch schlimmer wird es, wenn ich den Buzzwortbegriff "Drogen legalisieren" in den Raum werfe.

Je nach Klientel kommt da in der Regel ein gelassen wirkendes Peeeeeace oder ein "Wenn da IRGENDEIN Idiot bekifft mein KIND totfährt..."

So jetzt noch mal ganz langsam: Alkohol ist auch legal. Mit Alkohohl wurden die Meisten von uns schon früh sozialisiert. Frühzeitig wird gelehrt: Don't drink and drive. Von Don't drink redet kaum einer. Im Gegenteil. Wer als handelsüblicher CSU Politiker nicht mindestens einen Anstich beim Oktoberfest gemacht hat und mit roten Pausbäckchen das gesellige Zusammensein gegenüber der Presse lobte, gilt als unwählbar.

So Kinder, jetzt aufgepasst: Betrunken Auto zu fahren, ist NICHT legal. Wer das macht, und dabei erwischt wird, hat einen Kragen Ärger am Hals. Auch Menschen, die betrunken dazu neigen, ziemlich aggressiv zu sein, müssen sich vorher überlegen, wie sie ihrer Umgebung ausweichen, weil es sonst unangenehme Konsequenzen gibt.

Glücklicherweise gehöre ich zu denen die nach dem dritten Bier lethargisch in der Ecke einschlafen. Und ich rede von Kölsch-/Altgläsern. Echt jetzt. Nach zwei Whisky könnt ihr mich nur noch in den Keller tragen.

Aber hey, Alkohol ist auch legal.

Dann waren viele von euch schon mal im Krankenhaus. Oder beim Zahnarzt. Gab es da nicht auch Mittel, die euch die OP erträglich gemacht haben? Das ist meist schon harter Stoff. Und nein, den kann euer 6jähriger auch nicht beim Kiosk gegenüber kaufen. Aber die Betäubung oder Narkose war vollkommen legal. Ich musste nur schon mal unterschreiben, für X Stunden nach dem Eingriff keine Maschinen zu bedienen, also auch kein Auto zu fahren.

Es ist nicht so, dass Narkosemittel nicht missbraucht werden. Guckt euch so Leute wie Michael Jackson an. Und jetzt nicht, die extremen Umbauten seines Gesichtes. Sondern wie ein skrupelloser Arzt ihm Narkosemittel verschaffte, um ihn seinen Alltagsschmerz vergessen zu lassen. Der Arzt wurde hinterher auch verurteilt.

Und dann gibt es da so komische Beispiele, wie Cannabis. Die Wirkstoffe helfen vielen Menschen, zum Beispiel Patienten mit starker Migräne, chronischen Schmerzen oder Multipler Sklerose, ihre Symptome mit geringer Dosis und wenig Nebenwirkungen zu bekämpfen. Da waren die vormals einzig legalen Mittel mal wesentlich derber, was Wirksamkeit und Nebenwirkungen betraf. Zum Glück dürfen sich jetzt einige auch legal das Hanfprodukt verschreiben lassen; wobei allerdings noch die durchführenden Stellen mauern.

Müssen wir tatsächlich diskutieren, ob man Medikamente zugänglich macht, weil die Industrie daran weniger verdient?

Konsumiert aber jemand Cannabis und setzt sich Tage danach ins Auto, kann er seinen Führerschein verlieren.

Zum Vergleich: bei Alkohol muss ich warten, bis die Wirkung verflogen ist. Bei Cannabis lassen sich, nach Ende der Wirkung, noch über Wochen und ggf. Monate der Konsum nachweisen. Der Mensch steigt also vollkommen klar ins Auto, und wird trotzdem bestraft.

Warum also verschiedene Substanzen unterschiedlich behandeln? Es gibt die Wissenschaft. Wir können ganz bequem erforschen, wie lange Menschen im Allgemeinen nach Gebrauch von Mariuhana oder Gras  beeinträchtigt sind, und das als Grenze für Fahrtauglichkeit ansetzen. Wir können Tests entwickeln, die herausfinden, ob jemand die aktive Substanz im Blut hat, oder nur die Abbauprodukte, die nichts mehr machen, außer langsam herausgespült zu werden.

Warum also nicht die Möglichkeiten nutzen, und die Welt für alle etwas erträglicher gestalten?

P.S. in Ländern wie Portugal oder Californien wurden bereits durch die Legalisierung viel Leid erspart. Kriminielle Strukturen werden ausgetrocknet. Nein, der Konsum ging dadurch nicht steil nach oben; im Gegenteil.

Die Substanzen werden nicht mehr mit Blei, Rattengift oder anderer, billiger Chemie gestreckt, die Konsumenten viel schneller in Abhängigkeit und körperliche Schädigungen treiben,  als wenn sie legal vertrieben werden.

Sprich: wir müssen da für viele Substanzen noch mal dran. Erforschen, welche Auswirkungen purer Konsum wirklich hat; ob Abhängigkeiten auch entststehen, wenn es gegen akute Symptome gegeben wird (Morphin z.B. kann bei Schmerzen nicht so leicht abhängig machen, wie ohne Probleme eingenommen). Ärzte und Pharmakonzerne haben ein viel breiteres Spektrum an Möglichkeiten. Was war noch mal schlecht an Legalisierung?

Jetzt wurde also der Staatstrojaner beschlossen. Und die Folgen dürften wenig amüsant sein. Und nein, den Terrorismus werden wir auch damit nicht aufhalten. Diese sogenannte Möglichkeit der Regierung ist mit einem Paket dahergekommen, das offenbar nur Probleme macht.

Udo Vetter schreibt auf seinem Lawblog über die neuerlich vorhanden Pflicht für Zeugen, eine Aussage zu tätigen: https://www.lawblog.de/index.php/archives/2017/06/23/schoene-neue-zeugenwelt/ 

Er verlinkt auch den Gesetzentwurf der Bundesregierung, wo der Wortlaut im Detail steht.

Peter Schaar, der vormalige Bundesbeauftragte für den Datenschutz zerreisst das Gesetz hier: http://www.fr.de/politik/staatstrojaner-ein-arroganter-umgang-mit-der-macht-a-1300686

äußert sich hier über die Quellen-TKÜ:https://www.heise.de/newsticker/meldung/Peter-Schaar-Der-Staat-ist-ein-feiger-Leviathan-3755246.html  (TKÜ = TeleKommunikationsÜberwachung - an der Quelle; also bei euch daheim)

Damit bleiben also Sicherheitslücken in Software offen, und bieten den dunklen Gestalten der Gesellschaft Einfalltore auf private Daten und Geräte. Wie gut diese "Hacker" dann ausgebildet sind, entzieht sich den Möglichkeiten des Interessierten. Dass diese Überwachung dann auch noch wesentlich umfassender ist, als eine normale Haus- oder Wohnungsdurchsuchung, wird den Meisten erst gar nicht bewusst. Und gerade die Daten auf dem heimischen PC verleiten dazu, falsche Schlüsse zu ziehen.

Durch die Zugangstüren, die eine derartige Schadsoftware erhält oder schafft, können auch böswillige Menschen Dinge auf Rechnern platzieren oder verändern, die man dort selbst gar nicht gelassen hat. Den Gesetzgebern kann es egal sein, wenn die Beweise als rechtsgültig definiert werden.

Die Frage ist, was die Politik mit der Verabschiedung immer weiterer Grundrechtsverletzungen im Sinn hat. Vielleicht soll das nur Macht und Stärke demonstrieren, damit der handelsübliche Einwohner Deutschlands beruhigter ist. Was aber in dem Fall nur als Betrug gewertet werden kann. Denn die Versprechen hält die Gesetzgebung nicht. Hier wird nicht nur ein Heftplflaster auf einen tiefen Riss gelegt, dieses Pflaster enthält auch ein langsam wirkendes Gift, das der Gesellschaft einen so großen Schaden zufügt, dass wir unter Umständen eine Generation brauchen, um das wieder auszubügeln.

 

 

 

 

In den Kriminalserien sieht es immer so einfach aus. Am Tatort wird DNA gefunden, und die Datenbank sucht innerhalb von Sekunden den richtigen Täter aus der gesamten Bevölkerung heraus. In der Realität sind die Spuren oft unsauber, vermischt oder die DNA ist nicht mehr intakt genug, um sie auszuwerten.

Erweiterte DNA-Analyse - was sie NICHT kann

Wenn die DNA Spur zu falschen Schlüssen verleitet - Verunreinigung

Dann träumen offenbar immer mehr hochrangige Politiker von der Verbrechensaufklärung durch Knopfdruck. Allerdings verstehen die wenigsten, dass all die Algorhytmen und Datenauswertungen durch Menschen programmiert und eingepflegt werden. Wenn ich mir ansehe, was Google und Amazon allein an Produktvorschlägen für mich haben, zweifle ich doch arg an der Allmächtigkeit der Auswertungen. Ab und zu kommen lustige Kombinationen, wie der Packbandabrollerals ich mir neue Sport-BHs bestellen wollte.

Während ich bei den Werbefehlgriffen noch lachen kann, gruselt mich die unvoreingenommene Datengläubigkeit. Wenn ein Computer da was ausspuckt, wird es doch sinnvoll sein, alle in Frage kommenden Personen vorsorglich einzusperren, oder?

Das Nichtwissen, was an magischen Vorgängen in der Rechenmaschine stattfindet, lenkt den Blick von wirksamen Maßnahmen - echter Ermittlungsarbeit; dem mühevollen Ausschluss falscher Hinweise; der Verbrechensprävention wirkungsvoll ab.

 

 

Etwas anderes vermute ich schon gar nicht mehr, wenn ich mir die Berichte über die aktuelle Politik so ansehe.

Im Grunde genommen wäre es so einfach. Die Politik hat Aufgaben und Fragestellung, und je nach gewählter Gruppierung, setzt sie die Themen für die Bürger, die ihre Stimme abgaben, nach bestem Wissen und Gewissen durch.

Wenn ich mir dann ansehe, was wirklich dabei herumkommt, schlage ich die Hände über dem Kopf zusammen.

Aktuell hat der Spiegel die Ergebnisse der vielgerühmten deutschen Sicherheitspolitik näher beleuchtet: http://www.spiegel.de/netzwelt/web/islamistischer-terror-in-europa-unsere-sicherheit-ist-eine-inszenierung-a-1150015.html

Über Privatisierung der Autobahnen wird nicht mal mehr verschämt im Hinterzimmer, sondern offen unter Ignoranz jeder Berechnung und dem Willen der Wähler verhandelt.

Fazit: es wird nur noch agiert, um den Wähler, den Bürger in Sicherheit zu wiegen. Teure Maßnahmen (die von Steuergeldern finanziert werden), scheinen gar nicht mehr darauf angelegt zu sein, tatsächlich Erfolg zu haben. Der Rest sind nur noch Brot und Spiele für die Bevölkerung. Sicherheitsesotherik, die die Wiederwahl sicherstellt, aber nicht die Erfüllung der beauftragten Aufgabe.

Und da wundert sich die Parteienwelt samt ihrer Opposition, dass der Wähler nur noch krudes Zeug wählt. Egal, es könnte ja noch eine Weile gut gehen. Dass der Aufwand in diesem maroden politischen Gebilde immer größer wird, um die Schäden und Risse nicht sichtbar werden zu lassen, fällt dem der in seiner Aufgabe voll und ganz aufgeht, zunächst nicht auf.

Politiker verhalten sich fast durchgehend, wie in einer schlecht geführten Firma. Die einen sind frustriert, den Anderen ist es schon so egal, dass sie unverhohlen ihre Schäfchen ins Trockene bringen, während sie die Bildung und Ausbildung des Nachwuchses vernachlässigen. Die, die noch motiviert einsteigen, werden von den Untergangsgesängen und Seilschaften so schnell eingenordet, dass es kaum noch ein sinnvolles Projekt ans Tageslicht, geschweige denn in die Umsatzung schafft.

Stattdessen stürzen sich frustrierte Wähler auf die, die das System aufmischen könnten; die die Risse sichtbar machen würden; und achten dabei nicht mehr darauf, Leute auszubilden und zu fördern, die derartige Risse nicht nur kitten, sondern auch ein neues Gefüge daraus bauen könnten.

Die Frage ist, wie groß wir den Knall werden lassen wollen.

Irgendetwas nur so kompliziert wie nötig zu gestalten, ist ein sinnvoller Rat.

Nun gibt es dafür verschiedene Anwendungsbereiche, die unterschiedliche Lösungen erfordern. Will ein Wissenschaftler der Allgemeinheit seine Arbeit erklären, reicht das in durchaus einfacher Sprache. Da genügt es, wenn er von "sehr kleinen Teilchen" spricht. Ob es nun ein Neutron, ein Atomkern oder ein winziger Partikel ist, spielt für den Alltagsmenschen keine Rolle.

Wohl aber, wenn er seine Arbeit für Kollegen nachvollziehbar machen will. Da ist es plötzlich enorm wichtig.

Je technischer meine Welt wird, desto mehr stelle ich fest, dass ich immer wieder geradezu in der einfachsten Variante gefangen bin. Der kleinste gemeinsame Nenner ist einfach und angenehm. Er bringt mich aber nicht weiter.

Und genau das stelle ich mittlerweile auch im politischen System fest. CDU, SPD, Grüne, Piraten, Linke usw.  haben ihre Themen. Sie haben ihr Klientel, das sich selten mit Detailfragen außerhalb der großen, allgemeinen Themen beschäftigt.

Aktuell erleben wir das wieder mit der Schadsoftware #Wannacry. Warum hat die Politik (weltweit) hier nicht mehr darauf gedrängt, dass vor allem Unternehmen des öffentlichen Bereiches, wie Krankenhäuser oder Unternehmen des öffentlichen Transportwesens (hallo, Deutsche Bahn) ihre Systeme aktuell halten, Geheimdienste nicht mangels Ideenreichtums die Öffentlichkeit mit zurückgehaltenen Sicherheitspatches gefährden.

Warum sollten sie? Die Parole "Der Markt wird es schon regeln" funktioniert in vielen Bereichen. Keep it simple. Ja läuft. Wirtschaftlich gesehen, ist ein Prozess in Ordnung, wenn er in einem Großteil der Fälle läuft. Nur... ja irgendwie fühlt sich das nun schon falsch an.

Zum Einen, weil dieser Fall eine Anomalie darstellt. Zum Anderen weil Pauschalisierungen nie die Extreme darstellen. Der mögliche Schaden eines Versäumnisses ist hier riesengroß. Das ist so, wie ein Kühlsystem, das in den meisten Unternehmen eine Charge an verdorbener Ware erzeugen kann, sofern es mal komplett ausfällt (was zu verkraften ist, und im Zweifelsfall billiger ist, als ein, so es möglich ist, ausfallsicheres Kühlsystem. Und im Atomkraftwerk einen GAU verursachen kann, der im Zweifelsfall tausende Menschen tötet, und tausende Quadratkilometer unbewohnbar macht.

Wir haben hier also Parteien, die ein gewisses Klientel, eine bestimmte Aufgabenstellung, abdecken. Die aber nach ihrem Verhalten in den wesentlichen gesellschaftsorganisatorischen Fragen gemessen werden, dass die Randbereiche einfach wegfallen. Also in der Politik. In der Realität können sie durchaus noch drängende Fragen aufwerfen.

Wir haben - aus Selbstschutz der Großparteien - in den meisten Parlamenten eine Prozentklausel, die verhindern soll, dass die Großen mit zu viel Randthemen überfrachtet werden.

Wir können uns da nichts vormachen. Es IST kompliziert, sich in alle Themen einzuarbeiten. Es ist vollkommen OK, wenn nicht Jeder versteht und/oder weiß, wie das Internet funktioniert; dass Linux ein Betriebssystem (was? - also sowas wie Windows, nur in anders) ist. Ob das Kühlmittel meiner Kfz-Klimaanlage nun umweltschädlich ist oder nicht... Aber wir brauchen die Themen in der Politik, und wir brauchen die Möglichkeit, dass diese Themen aufgebracht werden. Sonst wird #wannacry, der alte Windows-XP-Systeme verschlüsselt, und ein Lösegeld für die eigenen Daten verlangt, nicht die Ausnahme, sondern die Regel.

Dass die PIRATEN damals die Debatte darüber angeschubst haben, war gut. Dass der Lösungsansatz so unfertig war, dass er kein stabiles System aufbauen konnte, weniger.

Aber auch wenn die Ergebnisse der aktuellen Wahl in NRW eine andere Tendenz vorgeben, dürfen wir (also wir alle, wirklich ALLE) nicht den Kopf in den Sand stecken, und warten, bis noch mehr Menschen resignieren; sich nicht mehr vertreten fühlen; Dinge schief laufen.

Manchmal sind Dinge eben komplizierter, als man denkt. Manchmal braucht es Jahre, bis jemand auf die richtige Idee kommt, die Bruchstücke einzelner Ansätze zu einem Ganzen zusammenzufügen.

Deshalb wird uns auch nie ein Heilsbringer die Lösung aller Lösungen aufzeigen, wenn doch die wahre Leistung darin besteht, die einzelnen Stücke aufzusammeln, zu strukturieren, verfügbar zu machen; damit ein Visionär sie zu etwas Neuem aufbauen kann.

Wie bekommen wir also Menschen dazu, ihre Scheuklappen abzulegen, und den Blickwinkel wieder zu öffnen?

 

 

So, heute wurde es wieder ein wenig politisch. Und zwar war ich mal als Gast mit dem ADFC unterwegs.

Der ADFC hat - eine Woche vor der Landtagswahl in NRW - eine politische Sternfahrt nach und in Düsseldorf auf die Beine gestellt.

Es ging darum, die Bedürfnisse für Radfahrer im Straßenverkehr zu thematisieren. Die Sternfahrt war als Demo angemeldet, und so wurden einige Hauptverkehrsadern heute zur autofreien Radfahrstraße.

In Anerkennung meines desolaten Fitnesszustandes probte ich die Anreise ab Dortmund mit dem Regionalexpress, was sich schon ein wenig als Abenteuer erwies. Letztes Wochenende entgleiste in Dortmund ein ICE und beschädigte nennenswerte Teile des Gleises. Wozu die Bahn nichts kann. Was zu einigem Chaos am Bahnhof führte (wozu die Bahn nichts kann), und es nicht ganz so einfach war, herauszufinden, an welchem Gleis nun ein passender Zug fuhr (wozu die Bahn doch was kann). (Einige machten sich tatsächlich mit dem Rad auf den Weg, und fuhren ab Dortmund, Oberhausen, Krefeld, Bergisch Gladbach u. v. m. mit dem Rad).

In Kaiserwerth stieg ich entspannt aus, und gesellte mich zur immer größer werdenden Schaar an Radfahrern, die nach Eintreffen der einzelnen Gruppen langsam Richtung Landtag losrollte. Die Tour ging über angenehm flaches Gelände, so dass ich auch mit dem Faltrad gut und enspannt Schritt halten konnte.

Am Landtag gab es eine kurze, politische Diskussion mit eingen MdLs. Und kurze Zeit später noch zu der großen Rundtour mit allen Gruppen durch Düsseldorf (inklusive der Rheinbrücken und der Rheinunterführung).

Zurück habe ich mir dann ab dem Hauptbahnhof den ICE gegönnt...

Das Thema Fahrrad kam sehr gut bei den Menschen, an denen wir vorbeizogen an. Unmut gab es wenig (Fußgänger: muss das sein? - Ja, das ist 'ne Demo; Autofahrer: wie kann man hier nur so einen Stau... -hey, das schafft ihr sonst auch prima OHNE Radfahrer).

Die meisten freuten sich allein über die Forderung, die Umgebung für Radfahrer zu verbessern. Nur, warum passiert da so wenig?

  1. Es kostet Geld. Davon ist nicht unbegrenzt was da. - Stimmt. Auf der anderen Seite ist der tägliche Arbeitsweg mit dem Rad gut für die Gesundheit (und wenn es nur die Teilstrecke bis zum Zug ist). Infrastruktur, egal ob für Fußgänger, Autofahrer, Bahn oder Rad kostet IMMER Geld. Der Punkt ist, mit dem Geld einen Gegenwert zu erschaffen, der möglichst vielen Menschen zu Gute kommt. Und da sind Radfahrer immerhin eine große Gruppe, die sich mit den anderen sowohl in Nutzungsverhalten als auch in Interessenlage mit den anderen überschneiden. Arbeitgebern kommt es zu Gute, wenn die Mitarbeiter kostengünstig und sicher zur Arbeit kommen können. Den Anwohnern einer Stadt oder Hauptstraße kommt es zu Gute, wenn weniger Abgase und Motorenlärm zur Lebensqualität beitragen. Fußgängern profitieren, wenn Radwege nicht so angelegt sind, dass sie Angst haben müssen, vom nächsten Rad umgewemmst zu werden.
  2. Das Henne-Ei-Problem: Was war zuerst da? Der Bedarf an Fahrradinfrastruktur oder das Angebot? Eine lange Zeit mied ich das Radfahren. Nach einem Unfall nicht wieder aufgestiegen, lebte ich im Stadtzentrum mitten in einem Ballungsgebiet. Da war radeln zwischen den Autos schon mutig. Und die Radwege waren meist zugeparkt oder vollkommen marode. Erst als ich in einer radfreundlicheren Umgebung wohnte, kam wieder ein 2Rad in mein Haus. Da aber heute viele so an den Gedanken gewöhnt sind, das Rad nur noch als Sportgerät zu benutzen, und nicht mehr als Fortbewegungsmittel, liegt auch der Gedanke an eine Investition fern.
  3. Der Blick auf das große Ganze: Was ist 'verbessern'? Da gibt es vieles, was zusammenhängt. Zusammenhängende Routen, die per Rad angenehm und gefahrenarm genutzt werden, und nicht mal eben 5 km neben der zu engen Durchgangsstraße herführen sind ein Thema. Die Möglichkeit, am Zielort auch mal ein Rad sicher abzuschließen oder bewacht unterzustellen auch eines. Viele gewünschte Touren scheitern an der Möglichkeit, das Rad im Zug oder der Straßenbahn zu transportieren (ok, da bin ICH mit dem Faltrad außen vor). Digitalisierung (mit dem Smartphone nachsehen, ob ich das Rad am gewünschten Bahnhof abstellen kann, wann der Zug fährt, ob Zugmitnahme möglich ist. Die Strecke am Zielort planen. Evtl. vor der Dienstreise checken, ob es am Zielbahnhof Mieträder gibt... Das ist alles noch viel zu unübersichtlich, und kann verbessert werden.
  4. Aber die Autofahrer: Ja, auch die sollten wir einplanen. Dabei Entwicklungen im Auge behalten, die das Miteinander verbessern, wenn man es richtig angeht (Carsharing, E-Autos, autonomes Fahren, Ruftaxen, Straßen, die so geplant sind, dass ich am Lenker des Automobiles zum Ziel komme, ohne dass mir ein Fahrrad mit Mensch vor den Kühlergrill springt, und ich, wenn ich auf das Rad wechsele, nicht selber stresserfüllt vor Abgasen und Mobilitätsblech flüchten muss. Wer immer nur das entweder oder sieht, wird blind für Lösungen, die alle im Auge behalten. Vielleicht MUSS ich als Autofahrer gar nicht bis vor die Tür fahren, wenn ich per Park&Ride bequem auf Bus und oder Mietrad umsteigen kann.
  5. Mit den Menschen reden: Heute hat der ADFC eine Menge an Aufmerksamkeit eingefordert. Hier sollte es aber nicht enden. Fragt die Menschen, wie sie sich ihr Dorf, ihre Innenstadt wünschen. Die Politik ist heute so sehr gewohnt, einfach den Bürgern etwas vorzusetzen, was dann bitteschön angenommen wird, dass das ganze Potential von Ideen und Wissen der Menschen brach liegt. Lasst die Menschen doch einfach mal mehr diskutieren und mitbestimmen. Dann freunden sie sich (mit den dann selbstverursachten Lösungen) besser an, und kommen vielleicht auf ganz neue Ideen.

 

Wählen scheint mir heutzutage ein wenig wie Opportunismus, den auch so manche Menschen in ihrem Leben, in ihrem Job probieren. Immer die Meinung derer annehmen, die auch hinterher das Sagen haben.

So funktioniert Politik aber nicht. Hier *trommelwirbel* haben wir tatsächlich die Wahl. Hier sind die Menschen in den Parlamenten quasi unsere Beauftragten (mit freiem Willen und der Entscheidung nach Gewissen). Aber das heißt, dass wir die Anforderungen stellen.

Die @atarifrosch schreibt es in ihrem Blog sehr treffend: https://blog.atari-frosch.de/2017/05/06/waehle-was-du-wirklich-willst/

So fahr, schönen Tag noch (ich geh jetzt wieder in nachfolgender Umgebung radeln).

 

Irgendwas läuft in diesem Staat falsch. Das höre ich immer wieder. Das höre ich auch von Bewohnern anderer Länder. Aber was ist denn nun genau das Problem der Politik?

Was am häufigsten bemängelt wird: Politikverdrossenheit

Aber ist das ein verursachendes Problem, das sich auf die Inhalte auswirkt, oder ist das eher umgekehrt. Diese Diskussion wirkt, wie die Henne/Ei-Diskussion. Politik findet derzeit in immer größerer Entfernung vom Wählerauftrag statt. Die moderne Politik hat noch keine Tools geschaffen, um sich mit in der Regierungsperiode plötzlich auftretenden Sachverhalten mit der Bevölkerung abzustimmen.

Oft gibt es zwar in den Parteien eine allgemein abgestimmte Richtung, die aber entweder aus taktischen Gründen immer wieder komplett ignoriert wird, oder die die tatsächlichen Sachverhalte nicht in wichtigen Details abdeckt. Oder die Rahmenbedingungen ändern sich; dann fühlen sich Parteien auf die einmal eingestimmte Richtung festgelegt. Was nicht immer im Sinne der Bevölkerung ist.

Was ich immer wieder beobachte: Komplexität

Viele Themen sind nicht mit einfachen, vordergründigen Lösungen zu bedienen. Erinnert euch damals an Ursula von der Leyens Stoppschilder für Seiten auf denen dokumentierter Kindesmissbrauch angeboten wurde (den Begriff Kinderpornos mag ich nicht, da Pornos legal sind). Diese "Stoppschilder" wären kinderleicht zu umgehen gewesen, und entsprechende Täter/Anbieter hätten ihr Tun um so besser verschleiern können. Im Endeffekt hätte das die Verfolgung durch Behörden noch eingeschränkt.  Also bleibt hier die aufwändigere Lösung, sich mit diversen Staaten abzustimmen (ja, das Internet ist international oder kaputt). Außerdem ändern sich auch technische Voraussetzungen häufig durch Innovationen schneller, als die Gesetzgebung hinterher kommt.

Auch wissenschaftliche Erkenntnisse können sich ändern. Stetiges Dazulernen ist auch ein Prozess, der sich nur langsam in unseren Gesetzen, Bestimmungen und Moralvorstellungen durchsetzt.

Bei komplexen Themen gibt es kein Schwarz/Weiß. Ich zitiere ja hier gern "For every problem, there is one solution, which is simple, neat and wrong." Manchmal ist es einfach nur die Wahl zwischen einer schlechten und einer noch schlechteren Lösung.

Manches Vorgehen bringt wieder neue Nachteile mit sich, so dass die Politik zwischen Teufel und Belzebub wählen kann. Für manche Themen müssen wir IMMER Geld ausgeben; hier ist es nur interessant, was am Nachhaltigsten für alle ist (brauchen wir das noch, oder kann das weg?).

Politik entscheidet sich häufig, obwohl befragte Experten etwas anderes empfehlen, für die vordergründige "Lösung", weil Politiker befürchten, den Wähler mit den Fakten zu überfordern. Das geschieht dann klar zum Nachteil des Wählers. Oft ist es aber auch so, dass Politiker schlicht mit dem Hintergrundwissen überfordert sind, denn ein Fachmann auf jedem Gebiet zu sein, ist schlichtweg unmöglich.

Blame it on the Wähler: Bildung

Aber die Menschen auf der Straße verstehen das nicht. Hier wird das Bildungssystem als erster Beschuldigter aufgeführt. Aber wann ist Mensch gebildet genug, ein Thema zu bewerten? Woher kommen die Informationen. Eltern? Müssen auch erstmal alles gelernt haben. Schule? Muss in wenigen Jahren eine unglaubliche Menge an Wissen in die Schüler hinein bekommen. Ein Großteil davon ist das, was die heutigen Anforderungen an einen Arbeitsplatz ausmachen. Das hilft jetzt nicht unbedingt, allgemeinpolitische Themen zu bewerten.

Die werte Presse ist eine weitere Quelle für Informationen. Qualitätsjournalismus erfordert aber auch Investitionen. In das Medium, in die Journalisten, die diese Informationen zusammentragen. Und in Zeit und Geld durch den Konsumenten.

Wer, mit Familie und Vollzeitjob hat denn die Zeit, sich qualifiziert durch alle Themen hindurch zu wühlen?

Was ist, wenn die Presse ein Thema eine Zeit lang stiefmütterlich behandelt, und das Thema plötzlich ganz akut wird. Wie zum Beispiel der Umgang mit Geflohenen, die derzeit in Massen im Mittelmeer ertrinken oder auf der Flucht anderes Elend erleben. Das Verständnis für die Schicksale erschließt sich uns Mitteleuropäern doch erst, wenn wir mal Einzelbeispiele gesehen(gelesen) haben; wenn die Menschen für uns ein Gesicht bekommen.  Solange nur von Massen, von Flutwellen an Menschen gesprochen wird, wächst beim flüchtigen Lesen nur ein beunruhigtes Bauchgefühl, ohne Bewertungsmöglichkeit für die eigene Moral. Das ist dann genau das, wo die "besorgten Bürger" stecken geblieben sind, die hysterisch ein Zurück in das zerbombte Heimatland fordern. Einseitige Berichterstattung ist Eines, aber Vielfalt braucht Platz, Geld und Energie. Für alle.

Die Lösung

Ätsch. Hab ich jetzt auch nicht. Außer der Erkenntnis, dass gute Lösungen anstrengend sind. Offenheit und viel Beschäftigung mit der Materie brauchen. Es gibt Lösungsansätze; es gibt Ideen, die so nicht praktikabel waren.

Aufgeben?

Nein, und nochmals nein. Mal als Beispiel: im Mercedes-Museum waren diverse Ideen an sehr alten Autos abgebildet. Cabrioverdecke, Ideen für den Motor, die damals mangels anderer Erfindungen nicht umgesetzt werden konnten. Die moderne Technik haben wir heute nur, weil diese Ideen nicht in Schubladen verrotteten, sondern immer wieder neu zusammengesetzt wurden, bis etwas funktionierte. Weil Menschen immer wieder die Weitsicht hatten, das Ziel im Auge zu behalten, und andere Lösungen zuließen, oder auch mal von Sackgassen abließen und einen anderen Weg probierten.

Ich hoffe, dass wir ein Klima schaffen können, in dem wir weiter die Treppen für anderer Leute Luftschlösser bauen können.

 

Dass ein Mensch, der HartzIV bekommt, es doch auch nicht anders verdient habe, stellt es euch doch einmal so vor:

Wenn jemand in ein großes, tiefes Loch gefallen ist, aus dem er alleine nicht mehr herauskommt, könnt ihr im ab und an mal ein paar Kleinigkeiten hinunterwerfen, damit er nicht da unten stirbt. Das nervt nach einiger Zeit und ihr regt euch darüber auf, dass der Mensch da unten sitzt.

Oder ihr gebt ihm genug, um eine Leiter zu bauen.